Von einer Reise durch den Süden Arabiens
berichtet Domprediger Joachim Hempel, Braunschweig

Ein Königspalast brennt ab, das Archiv versinkt im Schutt, doch Feuer brennt seine Tontafeln - Jahrtausende später erfreut das königliche Tontafel-Archiv die Forscher.

Keilschrift gibt ein großes Werk früher Dichtkunst frei, das Gilgamesch-Epos. Es erzählt die Geschichte des sume­ rischen Königs Gilgamesch, der in der ersten Hüfte des 3. Jahrtausends vor Christus in Uruk in Mesopotamien herrscht, von seinem Freund Enkidu - und es geht um die klassischen Ur- und Grundfragen der Menschhät: Von der Erfahrung des Todes und der Suche nach ewigem Leben, von Diesseits und Jenseits, von der Sintflut.

Gilgamesch macht sich auf die Suche nach den Kraut, das ewiges Leben geben soll, und erreicht so das Land Dilmun - weit hinter den Wüsten des Todes sprudelt frisches Quellwasser und lässt Pflanzen wachsen: Er findet das Kraut, doch als er aus einem Brunnen trinkt, kommt eine Schlange, erfasst das Kraut und verschwindet.

Gilgamesch versteht: Ich bin sterblich; er kehrt nach Hause zurück und tröstet sich an seinen irdischen Werken und Erfolgen.
Biblische Geschichten wachsen auf diesem allen Kultur­ boden; Abrahams Vater Terach lebt mit seiner Sippe im Zweistromland nahe der Mündung von Euphral und Tigrjs. Von hier ziehen sie stromaufwärts bis ins syrische Ge­biet nahe des Mittelmeers. Kultur und Religion, Wissen, alte Einsichten und Weisheiten wandern mit.

Das Volk Israel hält die Erinnerung an  ahmi, „den wandernden Aramäer“, bis heute wach. Der Vater des Glaubens verknüpft in seiner Person die Geschfchte der mesopotamischen Hochkulturen mit der der alten Ägypter und formt daraus den Anfang des Glaubens Israels, der Juden, Christen und Muslime.

Eine Reise an den Arabischen Golf führt zur Begegnung mit einem starken Wurzelstrang unserer abendländischen Geschichte - man staunt nicht schlecht, in Kuwait Alexan­ ders des Großen Hinterlassenschaft^ in Bahrain 140 000 Hügelgräber der Dilmun-Epoche und in Al Ain, in den Emiraten, Ausgrabungen alter Kupfererz-Kulturen zu tref­fen. Da ist von Weihrauchhandel und Schilfboot-Seefahrerei noch gar nichts erzählt, von Erdöl und Erdgas erst recht noch nicht.

Das Sultanat Oman öffnet noch ein anderes Kapitel des Staunens: Seine Segelschiff-Seefahrer um den legendären Sindbad waren es, die mit Femost und Indien schon in­ tensivst handelten, als Europas Portugiesen ums Kap der Guten Hoffnung nach Norden segelten; die Omanis wie­ sen ihnen den Weg nach Indien und erklärten die Mon­sunwinde. Als Dank bauten die Europäer Festungen ohne Zahl, brachten Kanonen an Omans Küste und mussten doch Holländern und Engländern weichen.

Als der Sultan seinen Sitz von Muscat nach Sansibar verlegte, verliebte sich gar eine seiner Töchter in einen Hamburger Kaufmann, heiratete und ging mit ihm Ende des 19. Jahrhunderts in die neblige Hansestadt: Emily Ruette geb. Prinzessin Salme von Oman und Sansibar; doch das ist ein weites Feld mit den orientalischen Geschichten. Arabien jedenfalls kann uns gar nicht kalt lassen - weder sollen noch wollen, weder bei fossiler Energie noch bei kulturellem Quellenstudium. Christlich-abendländische Kultur hat Römern und Griechen etliches zu danken; längst nicht alles.

Achtung! - Unser Vater irrt Glauben war ein wandernder Aramäer - und was der so alles mit sich brachte...