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Franziskus von Assisi (1081 – 1226) - Eine Lichtgestalt der Menschheit

Gedanken zu 2022 -

Ein Vortrag im Gemeindesaal Wohldorf

Das 12. und 13. Jahrhundert ist voll von Aufbruch-Stimmungen. Getragen wurde diese neue Geisteshaltung von einem mystischen Licht-Glauben. Das geschah nach der Kirchen- Reform von Cluny in Burgund. Das Kloster in Cluny war damals der bedeutende Orte der Bildung. Mit der Ausbreitung der Klöster verwandelte sich Europa in eine Zeit der frühen Aufklärung. Es waren geistreiche Mönche und Nonnen, die die Bildung weiter in die Städten brachten. In den Stadtstaaten blühte die Kultur und der Wohlstand durch den weltweiten Handel auf. Diese neue, helle Epoche brach zuerst in den Städten Italiens auf. Das geschah auch in Assisi in Umbrien, der Vaterstadt des Franziskus. In den Städten entwickelte sich ein freies Bürgertum. Die Kirchbauten verloren ihr düsteres Trutzburg-Aussehen und damit ihre Erdenschwere. Nun wurden lichtvolle hohe Kathedralen gebaut, zuerst im romanischen, dann im gotischen Stil. Diese Kirche strahlten ein himmlisches Licht aus. Die Materie wurde leichter durch das Licht. Der Besucher einer Kathedrale ging vom dunklen Vorraum zum Licht erfüllten Altarraum. Jetzt wurde der Glaube sichtbar: „ Gott wohnt im Licht“. Eine der schönsten vom Licht durchfluteten Kirchen des 12. Jahrhunderts ist die Magdalenen-Kathedrale in Vezelay in Burgund. Dorthin pilgerte auch Franz von Assisi. Er suchte ein freies, helles Leben, nachdem er die beengenden Mauern seiner Vaterstadt verlassen hatte. Franziskus, den die Bürger der Stadt nach dem Bruch mit seinen Eltern, den Verrückten oder den Povorello nannten, ging auf Wanderschaft. Er verabschiedete sich vom bürgerlichen Wohlstand, lebte von Almosen und kleidete sich wie die Armen. Er lebte auf Wanderschaft nach dem Vorbild Jesu, dem Mann aus Nazareth. Seine Lebensdevise war: „Der Mensch muss frei werden vom Geld-Denken. Dann findet er im Unterwegssein die Schönheit der Erde und die Kraft zur Liebe auch zu den Armen und Kranken“. So wanderte er als Pilger zunächst nach Rom, kehrte aber angewidert vom hochmütige Verhalten der reichen Pilger gegenüber den Armen und Bettlern nach Umbrien zurück. Danach wanderte er in die Lichtstadt Vezelay, wie schon gesagt. Auf dieser Wanderschaft sah er die Schönheit der Erde und die Licht-Kathedrale auf dem Hügel von Vezelay, aber auch die Armen und Kranken. Franziskus hat nie von der Strafe Gottes geredet, wie es in Kirche und Volk so üblich war, sondern vom Mitleid und von der Hilfe der Gesunden für die Leidenden. Franziskus kannte keine Feindschaft. Er zog fröhlich seinen Weg mit Gesang und Lebensfreude. Er war ein musischer Mensch. Zum Pilgern brauchte er kein Geld und auch keine Waffen. Er schlief in schichten Hütten und ging unter dem Segen Gottes. Als er zurück kam nach Umbrien, baute er sich eine einfache Hütte neben seinem geliebten Kirchlein Portiunkula. An diesem Ort hatte er die Worte Jesu von der Nachfolge gehört. Diese Worte machte er zur Lebensregel und später auch zur Regel für die Gemeinschaft mit seinen Brüdern und Schwestern (Klara). Franziskus selbst lebte nie in festen Häusern. Ein Mönchsleben hinter Mauern eines Kloster widersprach auch seinem freien Geist. Er verwehrte seinen Brüdern das Bauen von Klöstern. Die Brüder sollten in kleinen Gruppen auf Wanderschaft gehen–am besten zu Zweit. Unterwegs sollten sie den Armen helfen und unter freiem Himmel von der Liebe Jesu predigen. Zweimal im Jahr sollten sie sich am „Portiunkula“ zu einem Konvent versammeln. Für dieses Treffen ließ er um das Kirchlein schlichte Hütten als Unterkunft bauen. Franziskus wollte keinen Mönchsorden gründen. Die Regel seiner Bruderschaft beschrieb ein alternatives Lebensprojekt.

Um Anerkennung vom Papst zu bekommen, unterstellte Franziskus seine freie Bruderschaft dem Schutz der Mutter Kirche. Doch beim Treffen mit dem Papst Innozenz III. verweigerte dieser die Anerkennung der Regel. Sie wurde nur „regula non bullata“ (die unkirchliche) genannt. Zur kirchlichen Anerkennung musste er seine Regel den Ordnungen der Kirche anpassen. Das tat er widerwillig. Er tat es dennoch, um seine Brüder vor kirchlicher Verfolgung zu schützen. Damals tobte in Südfrankreich ein vom Papst Innonzenz III. befohlener Kreuzzug gegen die Albingenser, die auch nach dem Armutsideal Jesu lebten. Der Genozid an dieser Volksgruppe in der Provence im Namen der Papst-Kirche erschütterte die damalige Welt und auch Franziskus. Um solchem Pogrom gegen seine Bruderschaft zu entgehen, überarbeitete er die Regel „kirchen-konfrom“, allerdings unter großen seelischen Schmerzen. Diese neue Regel wurde von Papst Honorius III. 1223 anerkannt und hieß jetzt „Regula bullata“. Das geschah drei Jahre vor Franziskus Tod, der damals schon krank und entkräftet war. Er spürte, dass sein Lebensprogramm verwässert worden war. Er zog sich aus der Welt zurück in eine Hütte am Berg La Verna in der Toskana. In La Verna schrieb er - schwer krank und erblindet – sein berühmt gewordenes Loblied auf Gottes schöne Schöpfung. Dieses Gedicht, das wir heute den Sonnengesang nennen, hat er auch vertont. Leider ist die Melodie verloren gegangen. Sein Jubel galt allen Geschöpfen Gottes im Himmel und auf Erden und auch dem Bruder Tod. Er inszenierte sein Sterben in Portiunkula. Dazu ließ er sich nackend auf die Erde legen. In dieser Lage hauchte er seinen letzten Atem aus. Es war sein letzter Wille gewesen, neben dem Kirchlein begraben zu werden. Diesen Willen erfüllten ihm seine Brüder. Doch die Papst-Kirche entschied bald darauf anders. Sie ließ in Assisi eine Kathedrale für seinen Sarg bauen. Seitdem ist Franziskus als Heiliger dort eingesperrt. Kirche und Welt hat ihn hoch geehrt, aber seinen Geist nie begriffen! Dieser Geist war von der Armut Gottes in Christus durchdrungen. Den Geist Jesu kann man nicht in Häuser einsperren! Er weht, wo er will. Der Geist des Franz von Assisi erfasst auch heute noch nach 800 Jahren viele Menschen. Sein Geist ist durchdrungen von der Liebe zur Natur und dem armen Menschen Franz bejahte es, das die Natur, die Pflanzen und die Tiere beseelt sind, denn Gott liebt seine Geschöpfe.. Was bedeutete das für sein Gottesbild? Gott ist in der heiligen Armut gegenwärtig, als ein armes Kind und in einem Stall geboren. Gott ist als Armer zu den Armen gekommen. Wenn Gott als armer Mensch unter die Armen und Kranken dieser Erde ist, dann ist für Franziskus die Armut nicht etwas Böses, sondern etwas Heiliges. So sind die Armen besonders heilig zu halten. An oberster Stelle seines Menschenbildes steht die Seligpreisung der Armen. Armut ist kein Makel. sondern sie ist ein heiliger Weg zu Gott. Deshalb zog Franziskus die Kleidung der Armut an. Er inszenierte die Hochzeit mit der Heiligen Armut. In diesem Stück spielte eine arme, in Lumpen gekleidete Frau die „Heilige Armut“. Franziskus steckte ihr einen Ehering an die Hand und ließ sich mit ihr von einem Priester segnen. Immer mehr junge Männer und Frauen erkannten die innere Freiheit dieses Mannes, der in Armut würdevoll leben konnte. Sein Geist strahlte Freiheit, Güte und Versöhnung aus. Franz wurde als Friedensvermittler in die zerstrittenen Städte gerufen. Bekannt ist sein Friedensschluss zwischen den verfeindeten Gruppen in Arezzo in der Toskana. Franziskus sah in niemandem einen Feind, sondern immer ein geliebtes Kind Gottes. Franziskus inszenierte Weihnachten in einem Dorf in den Abruzzen. Das Licht der Liebe Gottes sollte in einem Kuhstall dort leuchten. Er ließ seine Brüder und die Dörfler am Heiligen Abend dort zusammenkommen, legte ein kleines Kind in einen Futtertrog und stimmte mit seinen Brüdern das Gloria an: „Ehre sei Gott in der Höhe und Frieden auf Erden!“ Die Botschaft des Franziskus lautet: „Gott ist zu den Menschen in ihrer leiblichen und geistigen Armut gekommen“.

Hartmut Nielbock aus Seth

 



Wir möchten uns bei unseren Gruppenleiterinnen und Gruppenleitern sowie deren Teilnehmern ganz herzlich für die tollen und umfassenden Reiseberichte, Tagebücher, Gedichte und Gedanken zu den Reisen bedanken!