Reise ins „Heilige Land“

8. – 19. Mai 2015

Mit dabei waren:

Bertram, Elke, Bertram, Thomas, Beuscher, Britta, Frodermann, Dr., Norbert, Heindrichs, Heike, Hullmann, Jan-Gerd, Hullmann, Jutta, Klebanowski, Hans-Klaus, Klebanowski, Silvia, Knoppik, Dr., Norbert, Knoppik, Johanna, Margane, Günter, Margane, Rosi, Neuhoff, Helga, Rothfeld, Iris, Rothfeld, Dr., Alfons, Scheier, Gerd, Scheier, Henny, Steppan, Ute, Thomale, Karin, von der Dollen, Dr., Ingrid.

1.Tag, Freitag, der 8. Mai

Am 8. Mai war es endlich soweit – wir brachen auf in das Land der Bibel!!

Frühmorgens um 4.30 Uhr erwartete uns der „Uschi-Bus“ vor unserer Kirche. Die Koffer wurden verstaut, die Reise ging los!

Zügig erreichten wir den Frankfurter Flughafen. Die diversen Kontrollen, Befragungen, Durchleuchtungen verliefen freundlich und ein angenehmer Flug brachte uns schließlich nach Tel Aviv.

Dort erwartete uns Ruth Eisenstein. Eine Woche lang sollte sie uns durch ihr, in vielfältiger Hinsicht, überwältigendes, Land führen. Sie tat es mit großem Wissen und bemerkenswerter Bibelkenntnis!

In einem unübersehbaren, pinken Bus mit Wissam am Steuer ging es über leere Straßen – es war der Vorabend des Sabbaths - nach Nazareth.

Üppige Bougainvillean und rosafarbene Malven, die „Rose der Ernte“, die Getreideernte war fast vorüber - leuchteten an den Straßenrändern.


Nazareth, was für eine pulsierende Großstadt, deren Bevölkerung aus einem hohen Anteil israelischer Araber und Christen besteht. Für uns von besonderer Bedeutung: sie gilt als Heimatort Jesu. Unser Hotel, Notre Dame Hotel - ein arabisch-christlich geführtes Haus – lag mitten in dem tosenden Leben der Stadt, in Blickweite der Verkündigungskirche, so dass nach dem Abendessen ein kleiner, erster Erkundungsgang den langen Tag beendete.

Karin Thomale

2. Tag, Johanna und Norbert Knoppik Sa, 9.5.2015

Sepphoris (Zippori) – Nazareth: Verkündigungsbasilika und Griechisch-Orthodoxe Gabrielskirche / Marienbrunnen – Berg der Verklärung / Tabor

Zippori

Unsere Reiseführerin Ruth Eisenstein begrüßt uns am Morgen mit „Schabbat Schalom“. Früh um 8:30 Uhr beginnt unsere Rundreise durch das fruchtbare Jezreeltal mit seinen 2 bis 3 Ernten pro Jahr ins antike Sepphoris oder auf Hebräisch: Zippori. „Zippora“ heißt Vogel. Von Zippori schaut man wie ein Vogel auf die umliegende Landschaft. Zippori liegt in Untergaliläa und war zu Zeiten Jesu galiläische Hauptstadt. Heute interessieren uns die neuen Ausgrabungen im Zippori-Nationalpark mit dem ausgeklügelten Zisternensystem und den prachtvollen Mosaiken aus der byzantinischen Zeit.



Das Zisternensystem versorgte die Stadt mit Wasser. Der Bau war eine ingenieurmäßige Meisterleistung: Es wurden über die Gesamtlänge von 235 m zunächst 6 Schächte vertikal in den Kalksteinboden gegraben, und zwar etwa 15 m tief. Von den Schachtenden wurde in beide Richtungen horizontal gegraben, bis sich die Arbeiter benachbarter Schächte trafen. Das Oberflächenwasser floss über die 6 Schächte in das Tunnelsystem und von dort über ein ebenerdiges Aquädukt (30cm breit, 40 cm tief, 700 m lang, Gefälle insgesamt nur 85 cm!) in die Stadt.
Wir alle sind in Schacht 1 eingestiegen und staunten über die Mächtigkeit und. Die ganz Mutigen unter uns krochen auch durch den letzten Tunnelabschnitt, der dunkel und sehr sehr eng war.

Nach dieser Mutprobe wanderten wir durch eine blühende Landschaft in die alte Stadt. Auf dem Weg erläuterte Ruth uns die 7 wichtigsten Früchte des Heiligen Landes:

  • Granatapfel, Feige, Dattel, Olive, Wein, Weizen, Gerste Bei den Ausgrabungen überraschte eine Vielzahl gut erhaltener Mosaike:
  • Die Geburt des Nils mit Nilometer und vielen Tierdarstellungen
  • Das „Mazonen“-Mosaik und die Schöne mit den „Granatäpfeln“
  • In einem rekonstruierten Privathaus bestaunten wir das große Dionysos-Mosaik, u.a. mit der „Mona Lisa von Galiläa“
  • Das Mosaik in der Synagoge mit dem Zodiakus (Tierkreiszeichen) mit jüdischen und nichtjüdischen Motiven


Das gut erhaltene Amphitheater mit der Skene = Bühne (->Szene), die immer im Norden liegt, damit die Zuschauer von der Sonne nicht geblendet werden, bot uns einen kurzen Ruheplatz in der sengenden Sonne.

Nazareth

Mittagessen im Casa Nova Garten in Nazareth.

In Nazareth, das im Alten Testament nicht erwähnt wird, offenbarte der Erzengel Gabriel Maria die zukünftige Empfängnis des Gottessohnes. In diesem kleinen Ort wuchs Jesus auf. Heute lebt hier die stärkste arabische Gemeinde Israels.

Wir besichtigen die Verkündigungskirche, 1969 fertig gestellt, Architekt Giovanni Muzio. Der Vorläuferbau, eine Franziskanerkirche von 1730, wurde dafür abgerissen. Das Fundament des Chores ist aus byzantinischer Zeit.

Wir betreten den Hof und blicken auf die mächtige Kirchenfront aus Kalksteinquadern. Ein den Hof an zwei Seiten umfassender Säulengang ist geschmückt mit Mariendarstellungen zahlreicher Nationen aus aller Welt. Deutschland ist mit einem Marienbildrelief vertreten, das Maria als „Patrona Germaniae“ mit zwe i Kindern zeigt, die durch eine Mauer getrennt sind – ein Hinweis auf die damals noch vorhandene Zweiteilung Deutschlands in DDR und BRD.

Das Innere der Kirche (Basilika) bietet einen großzügigen Raum der eine zentrale achteckige Vertiefung mit Orientierung auf die öfters umgestaltete Verkündigungs-Grotte aufweist. Die Basilika dient heute der katholischen Gemeinde von Nazareth als Gotteshaus.

Über eine Wendeltreppe in der Westfassade gelangen wir in die Oberkirche, über die sich die große Kuppel wölbt, die einer nach unten geöffneten Lilie gleicht. Eine wiederum achteckige große Öffnung gibt den Blick auf die Unterkirche und die Verkündigungsgrotte frei.

Das 150 m² große Wandmosaik des Chores zeigt Christus im Gewand des Hohenpriesters, der mit ausgebreiteten Armen die Menschen einlädt.


Wir gehen durch den quirligen Suk, begegnen einer Gruppe von festlich gekleideten Äthiopiern, weiter zur griechisch-orthodoxen Gabrielskirche. Unterwegs entdecken wir ein Graffiti, ein erster Hinweis auf die großen unbewältigten Spannungen in diesem Land.

In dem Hof der Gabrielskirche feiern Äthiopier ein Marienfest. Sie sind Gastarbeiter im Heiligen Land. Der Eintritt in die Gabrielskirche verzögert sich wegen einer orthodoxen Taufe.

In einer Krypta unter dem Altar ist die alte Brunnenöffnung. Nach orthodoxer Überlieferung verkündete hier der Erzengel Gabriel die Empfängnis. Die Gabrielskirche wurde nach mehrfacher Zerstörung von den Griechen im 18. Jahrhundert in der heutigen Form erbaut.

Der Berg Tabor, Berg der Verklärung

Durch die Jezreel Ebene fahren wir - vorbei am Dorf Naim (Nein), wo Jesus den toten Jüngling wieder zum Leben erweckte – zum Berg Tabor, dem Berg der Verklärung Jesu.

Ca 600 m hoch, die höchste Erhebung Untergaliläas. Nach jahrelanger Unterdrückung durch die Kanaaniter sammelten sich hier die Krieger Israels, aufgerufen von der Richterin Debora, wo sie unter dem Heerführer Barak die Truppen des Sisera schlugen, besungen im Debora-Lied, einem kultischen Hymnus (Buch der Richter) und eines der schönsten Siegeslieder Israels.

Mit Großtaxis fahren wir über eine Serpentinenstraße auf den Gipfel. Hier finden wir die Reste des um 1100 gegründeten Benediktinerklosters, nach Zerstörung durch die Mamelucken. Im 17. Jahrhundert gelang es den Franziskaner, ein neues Kloster zu erbauen. Heute stehen zwei Kirchen auf dem Berg Tabor, eine griechisch-orthodoxe aus dem Jahr 1911 und die römisch-katholische Verklärungskirche von 1924. Die Verklärungsbasilika steht auf den Fundamenten der Kreuzfahrerkirche und byzantinischer Bauten.



Zwei quadratische Fassadentürme bestimmen das Bild der Westseite

Im Hauptschiff führt eine Treppe in die offene Krypta. Hier feiern junge Menschen gerade einen Gottesdienst. Unter den beiden Türmen gibt es im Nordturm die Moseskapelle und im Südturm eine Eliaskapelle. Diese und die Krypta für Jesus erinnern an die drei Hütten, die Petrus bauen wollte, als Jesus verklärt wurde und Elias und Moses erschienen.

Frau Beuscher fasst dieBedeutung der Verklärungsgeschichte Matthäus 17 für unsere Zeit zusammen.


Zum Schluss genießen wir von der seitlichen Terrasse der Verklärungskirche einen großartigen abendlichen Ausblick in die von Landwirtschaft geprägte Gegend: riesige Rundfelder, segmentartige Feldbestellungen unterschiedlicher Pflanzen, große Bewässerungsspeicher, sanft gewellte Landschaft.

Abendessen in unserem Hotel Notre Dame in Nazareth.

3. Tag – Sonntag, 10.05.2015 –

Auf der Fahrt von Nazareth nach Megiddo hat uns unsere Reisebegleitung Ruth wieder einmal kurzweilig darauf hingewiesen, wie viele uns bekannte Worte aus dem jiddisch-hebräischen Sprachbereich kommen, so z.B. „einen Reibach machen“, Maloche, Mischpoke, „meschugge sein“ oder „Pleite machen“. Während dieser amüsanten Lehrstunde fuhren wir an einer kultivierten Landschaft vorbei mit abgeernteten Getreide- und Sonnenblumenfeldern und erreichten dann Tell Megiddo. Es gibt im Orient viele dieser Ruinenhügel, die plötzlich in die Landschaft ragen.

Sieht man sich die Reliefkarte dieser Gegend an, dann liegt Megiddo im fruchtbaren Halbmond, der sich von Ägypten bis ins Zweistromland hinzieht und immer wieder den Eroberungszügen der verschiedenen Völker aus dem Libanon, vom Mittelmeer, aus Ägypten, Jordanien ausgesetzt war.

Wer Megiddo beherrschte, der sicherte sich unbegrenzten Zugang zur Via Maris, einer der wichtigsten Handels- und Heerstraßen zwischen Ägypten und dem Zweistromland. So erklärt sich auch, dass Megiddo zu einem strategischen Knotenpunkt wurde, der seit dem 4. Jtsd. v. Chr. immer wieder bebaut wurde. Es herrschte ein reger Baubetrieb, aber im Laufe der Jahrtausende erlebte die Stadt auch immer wieder Zerstörung und Wiederaufbau, so dass wir staunend mit der Tatsache konfrontiert wurden, dass die Archäologen 26 Schichten des Tells freigelegt haben, welche jede eine der Geschichtsperioden Israels vertritt.

So ist es auch kein Wunder, das in der Offenbarung des Joh. 16/16 die Stadt Megiddo (auch als Armageddon bekannt) als ein Symbol für die endzeitliche Völkerschlacht gesehen wird. Im Neuen Testament, im Buch der Offenbarung, wird Megiddo als die Stätte der „Letzten Schlacht“ bezeichnet.

Wir betreten die Ausgrabungsstelle durch eines der besterhaltenen Tore aus der Bronzezeit, hier in diesem Bereich wurden Bekanntgaben ausgerufen, hier wurde Gericht gehalten. Der Torbereich diente als Bereich der öffentlichen Kommunikation. Das ca. 300m x 250m große Areal ist noch von Resten einer 8m breiten kanaanitischen Stadtmauer umgeben. Wir betrachten einen kleineren aus Bruchsteinen konisch gefügten Rundaltar aus der Frühen Bronzezeit (um 2200 v. Chr.), dem Kultplatz der Kanaaniter.

Berühmt ist die Ausgrabungsstätte von Megiddo aber vor allem durch seine Pferdeställe, die ursprünglich König Salomo (965 – 926 v. Chr.) zugeschrieben wurden, jedoch wohl unter König Ahab entstanden. Es handelte sich dabei um lange Hallen, abgetrennt durch Kalksteinpfeiler für Streitwagen und Pferdeboxen. Hier waren 450 Pferde und 150 Streitwagen untergebracht! Mit Phantasie kann man sich vor den Gesteinsresten damaliges Menschen- und Tiergetümmel ausmalen. Jede wehrhafte Stadt brauchte eine vor dem Feind geschützte Wasserquelle. So klettern wir die vielen Stufen zu einem Tunnel hinunter bis zur Quelle und von dort wieder nach draußen, voller Bewunderung für die Menschen damals, die mit Logistik einen tiefen Schacht samt Tunnel in den Felsen trieben, um zur Quelle zu gelangen. Dieses Wasserversorgungssystem ist wohl das eindrucksvollste Relikt aus israelitischer Zeit. 332 n. Chr. Zerstörte Alexander dann Megiddo endgültig.

Wir fahren weiter durch die Ebene und erreichen Haifa. Eine wichtige Industriestadt, die dringend benötigte Arbeitsplätze, vor allem in der Chemie- und Ölindustrie und im Hafen bietet.

Wir steuern das Wahrzeichen Haifas an, dem Bahai-Schrein, der mit seinen märchenhaften Gärten in die Liste des Weltkulturerbes der UNESCO aufgenommen wurde. Hier gibt uns ein kurzer Stop Gelegenheit, das mit einer vergoldeten Kuppel gekrönte Mausoleum des Mohammed el-Bab, dem Märtyrer der Bahai-Religion, samt seiner Gärten zu fotografieren und gleichzeitig von dort den großartigen Blick auf Stadt, Hafen und Meer zu genießen.

Nach einer informativen und, dank „unserer“ Reisebegleitung Ruth, kurzweiligen Busfahrt erreichen wir weiter im Norden die alte Hafenstadt Akko, deren Altstadt zum erklärten UNESCO Welterbe zählt.

Nach kurzer Einkehr und Spaziergang durch die Altstadt erreichen wir die Zitadelle, die im 18. Jh. über dem Johanniterzentrum erbaut wurde. Der Rundgang durch dieses Zentrum, durch die sog. Kreuzfahrerstadt, beeindruckt nicht nur allein durch die großen Hallen und Säle mit ihren arabischen Aufbauten. Schon das Wissen darum, sich etliche Meter unter dem Straßenniveau zu befinden, ist ein erhebendes Gefühl. In einer Hofecke steigen wir dann weiter in die Tiefe in einen unterirdischen Gang, der zum Teil gemauert und zum Teil in den Felsen gehauen ist. Er führte bis in das südliche Hafengelände. Heute jedoch werden wir „nur“ ca. 70 m in eine ursprüngliche Karawanserei aus dem 11. Jh. geführt.

Auch der Kreuzritterorden der Templer war seit dem 12. Jh. in Akko ansässig. Erst 1994 wurde der sog. Templertunnel entdeckt, in den wir natürlich hinuntersteigen und den wir durchlaufen. Er diente als Wasserversorgungskanal und wurde vermutlich auch als Fluchttunnel genutzt.

Weiter geht es durch die Altstadt zur hervorragend restaurierten „Säulenkarawanserei“, die in mehreren Filmen als eindrucksvolle Kulisse auftaucht. Sie wurde über einem mittelalterlichen Dominikanerkloster errichtet, das in einem zugeschütteten Hafenbecken erbaut worden war. Karawansereien waren Herbergen für Mensch, Tier und Waren. Handelskarawanen aus dem gesamten Mittleren Osten zogen hierher ans Mittelmeer, um ihre Waren für den Export zu verkaufen und neue Produkte für den Transport aufzunehmen. Den Arkadenhof dieser Karawanserei zieren Granit- und Porphyrsäulen, das Nordtor wird von einem mächtigen Uhrenturm gekrönt, der Anfang des 20. Jh. geschaffen wurde. Angesichts der gut rekonstruierten Mauern und Nischen kann man sich gut vorstellen, wie die Händler hier mit ihrem Vieh gehaust haben, wie streng es hier gerochen haben mag.  Voller Eindrücke verlassen wir Akko und fahren zum See Genezareth. Wir sind völlig erschöpft, als wir unsere komfortablen Zimmer im Kibbuz-Gästehaus Nof Ginosar beziehen, was uns jedoch nicht daran hindert, vor dem Abendessen dem See noch einen Besuch abzustatten. Von dort glaubt man, man könne nach Jordanien mal eben `rüberschwimmen, so nah erscheint uns dieses andere Land.

Nach dem leckeren Abendessen genießen wir noch etwas Wein, der hier in diesem Umfeld natürlich besonders gut schmeckt.

Ach, es ist schön, mit solch einer netten Gruppe unterwegs zu sein und die vielen Eindrücke austauschen zu können. Mir geht`s gut!!!

Ute Steppan / Heike Heindrichs

4. Tag: Mo, 11.05.2015 Am See Genezareth

Am Morgen dieses Tages schlugen wir eine Brücke vom See Genezareth zu unserer Erlöserkirche in Bad Honnef. Wenn wir in der Kirche sitzen, blicken wir auf das Fenster im Altarraum rechts unten und sehen Jesus sitzen in einem Boot auf dem See Genezareth, und er predigt den Menschen vom Boot aus.


Heute feierten wir mit Blick auf den See am Seeufer in Dalmanutha einen Gottesdienst. Pfarrer Scheier predigte über Johannes 21: Der Auferstandene zeigte sich am See Genezareth seinen Jüngern, die nach Jesu Tod wieder in ihren Alltag zurückgekehrt waren; Petrus und einige andere gingen fischen; aber in dieser Nacht erfolglos; sie fingen nichts. Da erschien ihnen der Auferstandene und machte ihnen Mut, die Netze noch einmal auszuwerfen, und dann fingen sie eine Menge Fische. Am Ufer des Sees aßen sie miteinander Fische und Brot, und die Jünger erkannten ihn.

Wir sangen miteinander und beteten und dachten daran, wie oft Jesus an diesem Ort gewesen ist, wie wichtig der See Genezareth war.

Er befindet sich im "syrisch-afrikanischen Graben" 212 Meter unter dem Meeresspiegel, ist 22 km lang und 12 km breit und 46 m tief.

Die Berufung der Jünger, die Sturmstillung, der Fischzug des Petrus - alles das können wir uns nun vorstellen.

Und das Highlight dieses Tages war für mich, in einem Boot über den See zu fahren; wir stellten den Motor aus und lasen aus der Bibel vor und blieben dort einige Minuten in Stille...

Insgesamt war dieser Tag für mich sehr eindrücklich und bewegend, weil wir uns auf urbiblischen Spuren bewegten:

Kapernaum - der wichtigste Wirkungsort Jesu. Nachdem er in seiner Heimat Nazareth kein Gehör findet, geht Jesus nach Kapernaum. Hier wohnte Petrus und sein Bruder Andreas, hier fanden Jesu und seine Jünger immer wieder eine Unterkunft. Hier wohnte die Schwiegermutter des Petrus, die er - wie auch viele andere Menschen dort - heilte. Wir schauten uns eine Kalksteinsynagoge aus dem 4. Jahrhundert an - von den Franziskanern ausgegraben. Vermutlich hat Jesus selbst in einem Synagogenraum unterhalb dieser Ausgrabungen gewirkt. Interessant waren die freigelegten Wohninseln, in denen Großfamilien gewohnt haben. In der Nähe befindet sich auch das "Haus des Petrus" - die Franziskaner bauten darüber eine "Ufo-Kirche" - durch den Glasfußboden sind die Überreste zu besichtigen.


Das Fischerdorf Magdala gehört hierher - wir denken an Maria aus Magdala, die zu den Anhängerinnen Jesu gehörte und die erste Zeugin der Auferstehung war.

Zur Zeit Jesu war Magdala ein bedeutender und relativ großer Ort; heute findet man hier nur ein Ausgrabungsfeld. Die sog. "Legionäre Christi", ein katholischer Orden, wollten an diesem Ort ein Gästehaus bauen; bei den Bauarbeiten stieß man auf Steine einer Synagoge, die wahrscheinlich aus der Zeit Jesu stammt - d.h. Jesus selbst hat in dieser Synagoge gepredigt. Der katholische Orden finanzierte daraufhin die weiteren Ausgrabungen. Nicht weit davon entfernt liegt eine faszinierende Kirche, die den "Frauen um Jesus" gewidmet ist. Der Blick aus der Kirche auf den See Genezareth war faszinierend, ebenso wie die Ausgestaltung der Kirche und ihre großartige Akustik.


Vom Berg der Seligpreisungen hat man einen wunderbaren Blick über den See. Der Italiener Antonio Barlucci baute die oktogonale Kirche - achteckig in Erinnerung an die acht Seligpreisungen. Von der Kirche liefen wir einen schönen Weg hinunter an den See und meditierten unterwegs den Text der Seilpreisungen aus dem Matthäusevangelium.

Abends genossen wir ein erfrischendes Bad im See Genezareth an unserem schönen Hotel und machten uns immer wieder bewusst, dass wir auf den Spuren Jesu unterwegs sind!

Britta Beuscher

5. Tag, Dienstag 12.05.15

Heute steht die Besichtigung der Stadt Safed auf dem Programm.

Hochgelegen, (ca.840m) auf den Bergen Ober-Galiläas ist sie neben Jerusalem, Tiberias und Hebron eine der vier heiligen Städte des Judentums. Die Stadt hat ca. 30.500 Einwohner.

Die erste historische Erwähnung stammt aus dem Jahr 66 n.Chr. Damals wurde die Stadt wegen des bevorstehenden Angriffs der Römer im jüdischen Krieg zu einem befestigten Bollwerk ausgebaut.

Später wurde die Region von den Mamluken erobert, die Safed zur Hauptstadt des nördlichen Galiläas machten.

Im 16. Jahrhundert wurde Safed dann, unter osmanischer Herrschaft, zur jüdischen Stadt. Um das Jahr 1550 lebten hier annähernd 10.000 Juden, von denen viele aus Spanien geflohen waren.

Nach der Rückeroberung Spaniens gingen die spanischen Könige mit großer Brutalität gegen Juden und Muslime vor. Mit dem Alhambra-Edikt von 1492 wurden alle Juden im Herrschaftsbereich der katholische Königin Isabella von Kastilien und des Königs Ferdinand von Aragon gezwungen, entweder zum Christentum überzutreten oder das Land zu verlassen.

Auf der Flucht konnten die Juden nicht mehr als ihre Sprache und ihre Kultur mitnehmen. Ihre Sprache hatte sich im Laufe der Jahrhunderte aber unter dem Einfluss der Kontaktsprache verändert. So entstand der Begriff Judenspanisch, das heute noch in Israel als Nebensprache im familiären Bereich gesprochen wird. Die Sprache ist aber vom Aussterben bedroht.

Viele aus Spanien vertriebene jüdische Gelehrte zog es nach Safed. So auch die beiden Kabbalisten und Rabbiner, Josef Karo und Yitzchak Abuhav, nach denen die beiden Synagogen benannt sind, die wir jetzt besichtigen.

Die Karo-Synagoge ist nach Josef Karo (1488-1575) benannt, einem Meister der Halacha, dem jüdischen Gesetzeswerk und Verfasser des Buches Schulchan Aruch (gedeckter Tisch). Im 16.Jahrhundert errichtet, ist sie wie die Abuhav-Synagoge durch mehrere Erdbeben zerstört und in kleinerer Form wieder aufgebaut und renoviert worden.

Im Zentrum befindet sich die Bima (Lesepult), sie symbolisiert den Altar im heiligen Tempel, auf dem Opfertiere dargebracht wurden. In heutiger Zeit werden auf der Bima die Torahrollen ausgerollt, aus denen dann, während des Gottesdienstes vorgelesen wird. Opferkult war ausschließlich dem Zentralheiligtum in Jerusalem vorbehalten.

An den Wänden befinden sich Regale voller Bücher, die zum Teil durch Glasfenster geschützt sind. Dieser geschützte Bereich, Genizà genannt, dient der Aufbewahrung verbrauchter oder nicht mehr benötigter heiliger Schriften. Viele von ihnen sind über hundert Jahren alt und wurden so bis heute erhalten.

Die Abuhav-Synagoge ist nach Yitzchak Abuhav benannt. Hier befinden sich an der nach Jerusalem ausgerichteten Wand drei Schreine. Der mittlere Schrein enthält die aktuell gebrauchten Torahrollen. Im linken Schrein werden auch hier die alten und abgenutzten Texte aufbewahrt. Der Schrein auf der rechten Seite enthält zwei Torahrollen, von denen eine Rabbi Abuhav in Spanien selbst geschrieben hat. Sie ist die älteste in Safed. Dieser Schrein wird nur dreimal im Jahr zum Lesen der Heiligen Schrift an speziellen jüdischen Festtagen geöffnet. Die Wand, an der sich die Schreine befinden, ist der einzige noch intakte Teil des originalen Gebäudes.

Zu sehen ist auch ein Beschneidungsstuhl mit einer seitlichen Ablage für das zu beschneidende Kind.


Auch in dieser Synagoge befindet sich die Bima in der Mitte des Raumes.

Da nach jüdischer Tradition die Farbe Blau auf den Himmel und somit auf Gott hinweist, ist dies die vorherrschende Farbe der Synagoge.

Erklärung der o.g. Begriffe:

Kabbalah kommt aus dem Hebräischen und bedeutet Überlieferung. Sie ist die Wissenschaft von der Seele, von Gott und der Beziehung, die zwischen beiden besteht. Dieses Wissen ist seit Jahrhunderten überliefert worden und galt lange Zeit als Geheimlehre. Die Kabbalah gibt Antworten auf die Frage nach Ursprung, Sein und Bestimmung unseres Seins.

Halacha (hebräisch: gehen, wandeln) ist ein allgemeiner Begriff, der für das gesamte gesetzliche System des Judentums steht. Sie umfaßt die Gebote und Verbote der mündlichen und schriftlichen Überlieferung und beschreibt Lebensinhalt und Lebensführung. Eine Trennung von Religiösem und Säkularem existiert nicht.

Schulchan Aruch: (gedeckter Tisch) ist eine im 16. Jahrhundert von Josef Karo verfasste Zusammenfassung halachitischer Vorschriften, die sich auf das Alltagsleben beziehen. Es ist eine Art Leitfaden für das jüdische Leben, das noch heute zu den wichtigsten religiös-gesetzlichen Werken des Judentums zählt.

Ein Schmuckstück von Safed ist das Labyrinth der malerischen Kopfsteinpflastergässchen der Altstadt. Hier sieht man stellenweise, daß die Fugen zwischen den Pflastersteinen mit blauer Farbe übermalt sind.

An fast allen Hauseingängen hängt am rechten Türpfosten eine Schriftkapsel, die Mesusa genannt wird. In der Kapsel befindet sich eine kleine Schriftrolle mit biblischen Texten. Sie ist ein Symbol dafür, dass Gott das Haus und seine Bewohner bewacht und beschützt. Geht man an ihr vorbei, berührt man sie mit der Hand und küßt sie. Sie wird so angebracht, daß das obere Ende zum Raum zeigt. Schräg deshalb, um damit auszudrücken, daß nur Gott die Dinge ganz richtig (nämlich: gerade) machen kann.

Der arabische Teil der Altstadt hat sich zu einem Künstlerviertel mit Galerien und Schmuckateliers etabliert.

Im 18. und 19. Jahrhundert verlor die Stadt an Bedeutung und wurde auch wieder durch mehrere Erdbeben schwer beschädigt. Die Zahl der jüdischen Bevölkerung ging in dieser Zeit zurück. Zur Zeit des israelischen Unabhängigkeitskrieges im Jahr 1948 lebten in Safed neben 12.000 Arabern noch 1.700 Juden. Während der Israel-Libanon-Krise 2006 schlugen in Safed Raketen ein, die unter anderen auch ein Krankenhaus zerstörten.


Weiter geht die Fahrt zu den Jordanquellen von Banias. Der Name Banias steht sowohl für einen der drei Quellflüsse des Jordans, als auch für Ortschaft des antiken Caesarea-Philippi, sowie des Naturreservates. Der Fluss Banias mit seinen drei Zuflüssen liefert etwas ein Viertel des gesamten Jordanwasser, ist von den drei Quellflüssen aber der kleinste.
 

Der Name Banias geht auf das griechische Paneas zurück. Die Bezeichnung weist darauf hin, dass sich an dieser Stelle in hellenistischer Zeit ein wichtiges Heiligtum des Hirtengottes Pan befunden hat. Ursprünglich entsprang der Banyas-Fluss aus der großen Pangrotte. Ein gewaltiger Erdrutsch blockierte die Quelle, so dass der Fluss jetzt unterhalb der Grotte aus dem Felsen tritt, wobei er sich in mehrstufigen Teichen sammelt. Neben der Pangrotte wurden in damaliger Zeit mehrere Nischen in die Felswand gehauen. Darin standen Statuen des bockfüßigen Pan und anderer Natur- und Quellengottheiten. Gegen Ende des ersten Jahrhunderts v. Ch. wurde die Region vom Römischen Reich annektiert. Kaiser Augustus schenkte die Gegend Herodes dem Großen, der um 20 v.Chr. im Bereich des Panheiligtums einen Tempel aus weißem Marmor für Augustus errichten ließ. Von dem weißen Tempel sind nur noch ein paar Marmorreste übrig. Nach Herodes Tod wurde sein Königreich unter seine drei Söhne aufgeteilet. Der nördliche Teil ging an Philippi, der Paneas zu seiner Hauptstadt machte. Philippi baute die Stadt auf dem Plateau aus und benannte sie nach Caesar und sich selbst, Caesarea Philippi. In der Bibel wird Caesarea Philippi im Zusammen-hang mit den Worten Jesu als der Ort erwähnt, an dem er seinen Jüngern die Frage stellte, was die Leute so über ihn erzählten. Für die Jünger, dann direkt befragt, was sie von ihm hielten, antwortete Petrus: „Du bist der Messias, der Sohn des lebendigen Gottes“.
 


Darauf antwortete Jesus ihm: „Du bist Petrus, der Fels, und auf diesem Felsen werde ich meine Kirche bauen, und die Mächte der Unterwelt werden sie nicht überwältigen.“ (Das Papsttum beruft sich auf seinen Ursprung durch diese Schriftstelle) „Und ich will dir des Himmelreichs Schlüssel geben. Alles was Du auf Erden binden wirst, soll auch im Himmel gebunden sein, und alles was du auf Erden lösen wirst, soll auch im Himmel gelöst sein.“


Wenn Jesus seinen Jüngern die Aufgabe des Bindens und Lösens anvertraute, dann übertrug er ihnen damit die Verantwortung, anhand der Schrift selbst zu entscheiden, was richtig und falsch ist. Es war ein großer Schritt hin zur Mündigkeit des Menschen. Aufgrund welcher Kompetenz sollten die Jünger aber einen Fall entscheiden, was zu binden oder zu lösen wäre. Sie waren weder Rabbi noch Richter. Die Frage beantwortet sich, wo Jesus sagt: „Denn wenn zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen.“ Rang, Ansehen und Anzahl der Personen spielte also keine Rolle. Voraussetzung war, „in meinem Namen versammelt sind“. Nicht Wissen führt zu einem gerechten Urteil, sondern der Umstand, daß man das Urteil im Glauben und Geist Jesu fällt.

Weiter geht die Fahrt zum Naturpark von Dan. Dan ist sowohl eine Siedlung in Ober-Galiläa, als auch der wasserreichste Quellfluss des Jordan. Der Siedlungshügel von Tel Dan birgt die Ruinen der alten kananitischen Stadt Lajisch. Die Siedlung ist in der ersten Hälfte des vierten Jahrtausend v. Chr. gegründet worden. Später siedelte hier der israelische Stamm der Daniter, die dem Fluss und der Stadt den Namen gaben.
 

Nach dem Tode Salomons zerfiel Israel in ein Süd- und in ein Nordreich. Erster König des Nordreichs wurde Jerobeam. Er regierte von 932-911 v.Chr. Aus Angst, dass seine Untertanen an hohen Feiertagen nach Jerusalem ins feindliche Südreich pilgern und sich dem dortigen König Rehabeam anschließen, ließ er zwei goldene Kälber an den entgegengesetzten Grenzen seines Königreichs aufstellen, damit seine Untertanen an den Feiertagen diesen Götzenbildern Opfer bringen konnten.

Bei den Ausgrabungen in Tel Dan wurden Reste eines Heiligtums mit einem großen, gehörnten Opferaltar freigelegt. Da lediglich nur Fragmente von diesem Altar gefunden wurden, hat man einen Stahlrahmen-Ersatz gebaut, um den Besuchern einen Eindruck von der wahrscheinlichen Größe des Altars zu vermitteln. Solche Altäre erinnern an die Legende, dass ein zum Tode Verurteilter, der Zuflucht in einem Heiligtum suchte und die Hörner des Altars berührte, nicht an Ort und Stelle hingerichtet werden konnte. Ihm wurde Asyl gewährt. Vielleicht hat dieser Brauch auch etwas mit dem Kirchenasyl in heutiger Zeit zu tun, welches selbst die Justiz respektiert.

Einzigartig ist das Kanaanitische Tor, welches etwas um 1.750 v. Chr. erbaut wurde. Es wurde mit einem Bogen aus Lehmziegeln überspannt. Es dürfte sich dabei um eines der ältesten Gewölbebauwerke der Welt handeln.

Unweit des Tores wurden in 1993/94 Reste einer Basaltstele entdeckt, die in aramäische Sprache das „Haus Davids“ nennt. Dies wird als Hinweis auf Zusammenhänge zwischen der Stadt und König Davids gedeutet.


Der Weg zum Ausgang führt uns weiter durch eine wegen des ganzjährigen Wasserangebots üppige Vegetation mit herrlichem Baumbestand.

Bevor wir wieder zu unserem Hotel und zum Baden im See Genezareth zurück fahren, besuchen wir noch den Quneitra Observation Point auf dem Mt. Bental. Hier kann man unterirdische Stellungen und Schützengräben besichtigen und einen Blick auf das zerstörte Quneitra werfen.Der Ausblick läßt erahnen, welch grausames Geschehen sich hier im Sechs-Tage-Krieg abgespielt hat. Heute weht hier die Flagge der Vereinten Nationen.

Norbert Frodermann

6. Tag: Mittwoch, 13.05.15

Auf nach Jerusalem!

Um 8.00 Uhr verlassen wir unser Kibbuz-Hotel Ginosar und nehmen Abschied von der Landschaft und den Orten, in denen Jesus lebte und lehrte, und nehmen Abschied vom See Genesareth.

Wir machen uns auf einen Weg von ca. 200 m unter dem Meeresspiegel auf 800m über dem Meeresspiegel.

Zunächst geht es vorbei an Magdala. Das Wasser des See Genesareth glänzt in der Sonne, ein kleines Boot ist weit draußen unterwegs, die Silhouette des Golan ist im Gegenlicht erkennbar.

Wir fahren durch Tiberias, das vor 2000 Jahren von Herodes Antipas gegründet wurde. Südlich der Stadt folgt am Seeufer ein Picknick-, Schwimm- und Parkplatz auf den nächsten. Rechts ein großen Sonnenblumenfeld; wir überqueren den Jordan. Es heißt Abschied nehmen vom See.

Nach der breiten, fruchtbaren Nordjordansenke mit Obst- und Gemüseanbau und Fischzucht nun wirkt die Landschaft wüstenartiger, aber auch hier betreiben jüdische Siedlungen Landwirtschaft.

Im Osten ist das zu Jordanien gehörige Gebirge Gilead zu sehen. Seit 1967 gibt es offene Brücken zwischen Israel und Jordanien, 1995 folgte der Friedensvertrag.

Dieser Weg durch die Jordansenke bis nach Jericho und dann hoch nach Jerusalem war der normale Weg für fromme Juden. Wir folgen also weiter den Spuren Jesu.

Nach einer halben Stunde biegt der Bus rechts ab Richtung der ex. Kreuzritterfestung Belvoir und fahren zunächst durch Mangoplantagen. Der Weg schlängelt sich durch abgerundete Hügel, bewachsen von wildem Hafer, Disteln, fliederfarbene Malven, einzelnen niedrigen Sträuchern, wir sehen ab und zu Steine auf den Wiesen, eine Kuhherde, Bienenkästen. Der Blick weitet sich – die Jordansenke mit vielen Fischteichen liegt auf der einen Seite, der Tabor auf der anderen. Störche fliegen, eine Gazelle entfernt sich flink, wir sind angekommen bei der trutzigen Festung Belvoir, die die Kreuzritte im 12./13. Jahrhundert erbauten. Beim Anblick der riesigen Anlage mit ihren noch immer mächtigen, unglaublich dicken, hohen und exakt gebauten Grundmauern, Türmen und Sälen drängt sich mir der Gedanke auf: Diese Mauern waren von ihren Erbauern „für die Ewigkeit“ gedacht und hielten doch nur 2 Jahre der Belagerung durch Saladin stand.

Nach einer kleinen Andacht vor den Mauern der Festung geht es per Bus weiter nach Bet Shean, einer Stadt mit einer 6000 Jahre alten Geschichte! Die Hoch-Zeit der Stadt, die zur Dekapolis gehörte, einem Städteverband, dessen übrige 9 Städte sich jenseits des Jordans befunden hatten, lag in der römisch-byzantinischen Zeit. Zeitweise lebten ca. 20.000 Einwohner hier. Ein Theater, ein großes römisches Badehaus, die Cardostraße mit ihren breiten Bürgersteigen, mit ehemals überdachten Geschäften auf beiden Seiten, ein Dionysostempel… sind erkennbar. – Die ganze prächtige Stadt, die im syrisch-afrikanischen Grabenbruch lag, fiel 749 n. Chr. einem Erdbeben zum Opfer. Im Hintergrund, in einem riesigen Tell, liegt nach wie vor das biblische Bet Shean verborgen. Die Bibel berichtet, dass der erste König der Israeliten, Saul, im Gebirge Gilboa stirbt, und dass seine Leiche, ohne Kopf, an der Stadtmauer von Bet Shean aufgehängt worden war.


Eine uralte Stadt mit einer Geschichte von mehreren Jahrtausenden, mit prachtvollen Bauwerken – wie die Festung Belvoir sind von ihr nur noch „Trümmer“ erhalten! – Wie wird dieses Land in 100, 200, in 1000 Jahren aussehen?

Nach einem Schlenker zur römischen Rennbahn fährt der Bus kurz nach Süden, dann Richtung Haifa und Megiddo nach Bet Alpha, wo wir eine Synagoge aus dem 6. Jahrhundert mit einem gut erhaltenen Mosaikboden besichtigen.


Während unsere Reiseleiterin Ruth Eisenstein uns Lieder von Chava Alverstein aus dem Jiddischen übersetzt und vorspielt, überqueren wir den „Grenzübergang“ in die Westbanks und fahren weiter gen Jericho. Mir fällt auf: jenseits des Jordans, in Jordanien, wird intensiv Landwirtschaft betrieben. Alles ist Grün in verschiedensten Schattierungen. Diesseits des Jordans: über weite Strecken vertrocknetes Gras. Ich frage mich, ob diese Situation damit zusammen hängt, dass zwischen dem Wasser spendenden Jordan und dem Westjordanland der Palästinenser ein Zaun gebaut wurde, laut Ruth zum Schutz der Straße, die wir befahren. Ich frage weiter, ob das bedeutet, dass die Palästinenser keinen oder nur einen erschwerten Zugang zum Wasser des Jordans haben. Ab und zu fahren wir an mit Folien überdachten Gewächshäusern vorbei, mal sind diese sauber und akkurat und mal fliegen Folienreste um die nicht so gepflegten Gewächshäuser. Wieder kann ich nur spekulieren: Wer bewirtschaftet welche Anlagen? Israelische Siedler die einen und palästinensische Bauern die anderen? Oder sind das Vorurteile? Ich bedauere, dass ich es nicht weiß.

Nach 45 Min. geht es rechts hoch Richtung Nablus, nach links zum Grenzübergang Abrahams Brücke. Rechts liegen die Berge von Samaria, einer Steinwüste.

Vorbei geht es an einzelnen Siedlungen. Jetzt kann ich unterscheiden: die palästinensischen Dörfer liegen „frei“ und verstreut in der Landschaft, die israelischen Siedlungen befinden sich „hinter Gitter“, die israelische Flagge weht im Wind. – Wir befinden uns immer noch im Westjordanland der Palästinenser.

Wir passieren verschiedene umfangreiche Dattelpalmenwälder. Ich finde es erstaunlich, dass genügend Wasser vorhanden zu sein scheint, benötigt eine Dattelpalme doch 1qm Wasser im Jahr. Ziegen weiden im Dattelpalmwald. Zwischen den Bäumen kann man Hebebühnen zum Bearbeiten der Palmen ausmachen.

Mein Gesamteindruck: das südliche Jordantal: es ist ver-„plant“ – diesseits und jenseits des Jordans.

Kurz nach 13.00 Uhr taucht die Oase Jericho vor uns auf. Jericho gehört mit anderen größeren Städten im Westjordanland wie Nablus, Hebron und Bethlehem zur Zone A, d.h. die Stadt steht unter der alleinigen Verwaltung der Palästinenser. Seit der Autonomie der Stadt im Jahre 1995 (Osloer Verträge zwischen Rabin und Arafat) kauften viele Araber aus der Mittelklasse Grundstücke in Jericho und bauten und bauen „Winterhäuser“ am Stadtrand. In der Oase Jericho fallen weniger als 100 mm Regen im Durchschnitt pro Jahr; es gibt jedoch mehrere Quellen.

Im Tell Jericho wurde ein Turm ausgegraben, der auf 9000 Jahre geschätzt wird. Er gilt damit als ältestes Gebäude der Welt und ist Weltkulturerbe.

Nach einer Mittagspause in einem Gartenrestaurant mit Blick auf eine Moschee mit blauer Kuppel und einer Müllhalde zu deren Füßen zeigt Ruth uns einen Maulbeer-Feigen-Baum. Auf einen solchen Baum hätte Zachäus geklettert sein können!

Mit Blick auf den Tell Jericho liest uns Herr Scheier von den Kundschaftern vor, die einst Jericho für die aus Ägypten ausgewanderten Israeliten ausgekundschaftet hatten. Eine Frau bietet ihnen Unterschlupf, lässt sie über die Mauer entkommen und erhält dafür die Zusage für sich und ihre Familie, bei der Eroberung Jerichos durch die Israeliten verschont zu werden. Sie, Rahab, wurde gerettet und taucht als Ahnfrau Jesu in dessen Stammbaum auf.

Nach kurzer Busfahrt richten sich die Blicke auf den „Berg der Versuchung“ Jesu. Die Bibel berichtet von Jesu 40-tägigem Fasten und der Versuchung durch den Teufel. Ein Kloster, das sich an den Berghang schmiegt, erinnert daran. Im Shop of Temptation unterstützen wir die heimische Wirtschaft und erstehen die Gewürzmischung Zatar alias Ysop sowie weiße Tücher mit schwarzer Schnur – ein wunderbarer Kopfschmuck!

Nun endlich geht es hinauf Richtung Jerusalem. Auf der 4-spurigen Straße begegnet uns ein LKW, der einen Panzer transportiert – zum Üben, wie Ruth erläutert.

Wir fahren durch die Wüste Juda. Im Winter, wenn der Regen fällt, ist sie grün. Jetzt sind noch einzelne grün-graue Büschel erkennbar. Nach einer Weile geht es rechts ab ins Wadi Kelt. Die schmale Straße schlängelt sich durch die Hügel. Vom Parkplatz aus gehen wir zu Fuß ein kleines Stück bis zu einem Aussichtsplatz hoch über dem Wadi Kelt. An der gegenüberliegenden Wand tief unter uns „klebt“ das 21 Georgskloster. Angesichts der schmalen Wege im Wadi wird das Gleichnis vom Mann, der von Jerusalem nach Jericho unterwegs war und unter die Räuber fiel, sehr anschaulich.

Es geht weiter. Gegen 16.00 Uhr tauchen die ersten Siedlungen auf den Hügeln rund um Ostjerusalem auf. – Sind dies bereits einige der unzähligen israelischen Siedlungen, die die Israelis um das arabische Ostjerusalem herum bauen? Wir passieren den Checkpoint – für uns als Touristen kein Problem. Wir fahren durch einen Tunnel unter dem Skopusberg hinein in die Stadt und zu einem Aussichtspunkt auf dem Skopusberg: Die Kuppel des Felsendoms glitzert in der Sonne, der Turm der Erlöserkirche, die Kuppeln der Grabeskirche sind erkennbar… die Altstadt von Jerusalem liegt verheißungsvoll vor uns!

Heute hat die Stadt über 800.000 Einwohner und ist die größte Stadt Israels. 1925 wurde die Universität gegründet, Albert Einstein hat die erste Vorlesung gehalten.

Wir reihen uns mit dem Bus in die Autoschlangen der Rush hour ein und arbeiten uns gemächlich vor durch das Kidrontal, z.T. entlang der Altstadtmauer, sehen auf der Südseite der Mauer die drei zugemauerten Huldatore, die die Pilger einst auf dem Weg zum Tempelplateau passierten und die Al Aksa-Moschee. Der Bus hält! Wir erklimmen Treppen und gelangen endlich durch das Jaffator, vorbei an den Mauern der Zitadelle hinein in die Altstadt! Kleine Treppenstufen hinab, etwas gerade aus und dann rechts ab, wieder einige Treppenstufen hinaus und dann nach links: wir erreichen das Lutherische Gästehaus, das uns für die nächsten Tage beherbergen wird und von dessen Dachterrasse wir herrliche Blick über die Altstadt genießen können. Wir sind „mittendrin“!!!

Iris Rothfeld

7. Tag Donnerstag, der 14. Mai 2015 (Himmelfahrt)

Nachdem wir unsere erste Nacht im Lutherischen Gästehaus in Jerusalem verbracht und uns am Frühstückstisch gestärkt hatten, ging unsere Gruppe geschlossen Richtung Tempelberg. Wegen der Kontrolle und dem zu erwartenden Ansturm sind wir zeitig gestartet. Als wir kurz nach 8 Uhr um die letzte Ecke kamen sahen wir nur eine Gruppe an der Kontrollstelle zum Tempelberg anstehen, doch bis wir alle da waren, hatte sich noch eine asiatische Gruppe eingefunden und sich vor uns angestellt. Trotzdem sind wir nach etwa zwanzigminütiger Wartezeit alle ohne Probleme durch den Checkpoint gekommen. Auf dem Weg zum Tempelbergplateau mussten wir einen provisorischen hölzernen Steg begehen, der uns aber einen guten Blick auf die Klagemauer bescherte.

Oben auf dem Plateau erblickten wir als erstes muslimische Frauen vor der Westseite der Al-Aqsa-Moschee. Auf unserem weiteren Weg Richtung Felsendom (mit seiner goldenen Kuppel) wurde uns die imposante Größe des Tempelberges immer bewusster. Es war schade, dass wir weder in die Moschee, noch in den Felsendom durften. Diese sind nur für Muslime zugänglich. Dennoch war die Besichtigung dieses historischen und religiösen Ortes zwar windig, bedeckt und kühl, aber dennoch beeindruckend.
 

Als nächstes gingen wir zur Klagemauer. Wir mussten erneut eine Kontrolle über uns ergehen lassen, aber dann standen wir auf dem Vorplatz, auf dem unsere Geschlechter noch beisammen sein durften. Erst wenn wir an die Mauer wollten mussten die Frauen nach rechts und die Männer nach links gehen, aber welcher Konfession man angehörte spielt keine Rolle. Dort darf jeder einen Zettel mit Gebet (Dankgebet, Bittgebet etc.) in die Mauerritzen stecken. Diese werden monatlich entfernt und auf dem Ölberg begraben und nicht vernichtet. Außerdem konnte wir beobachten, wie Juden andere im Umgang mit Gebetsriemen einwiesen. Für die Männer gab es ein Behältnis mit Kippas zum kostenlosen Ausleihen (sofern man keine Kopfbedeckung hatte). Es war sehr bewegend an diesem Ort zu stehen, an dem einerseits Menschen ihre Sorgen und Hoffnungen im Gebet still an Gott richteten und gleichzeitig nebenan sehr lebendig die Bar Mitzwa (die dreizehnjährigen Jungs werden in die jüdische Gemeinde aufgenommen, ähnlich wie bei uns die Konfirmanden) gefeiert wurde und die weiblichen Angehörigen über den Zaun laute und helle Freudenlaute von sich gaben und Bonbons warfen.

Anschließend gingen wir durch das jüdische Viertel, vorbei an einer riesigen goldenen Menora, der Hurva-Synagoge, der Cardo (eine ehemalige römische Hauptstraße zur Zeit Jesu) zur Dormitio Basilika auf dem Zionsberg mit dem Davidgrab und dem direkt darüber befindlichen Abendmahlssaal, welches die Verbindung zueinander darstellt.

Nach dem gemeinsamen Mittagessen trafen wir uns (nach etwas Freizeit) um 15:45 Uhr am Jaffator vor der Wechselstube, um gemeinsam mit einem Großraumtaxi, welches durch eine Planungsänderung einen Sitzplatz zu wenig hatte, zur Augusta Victoria Himmelfahrtskirche zu fahren (einer unserer Gruppe musste deshalb mit dem Fußboden im Gang vorlieb nehmen und auf der Rückfahrt war ein weibliches Gruppenmitglied dran). In der deutschen lutherischen Kirche auf dem Ölberg fand ein schöner internationaler Himmelfahrtsgottesdienst statt. Es wurde arabisch, englisch und deutsch gesprochen und gesungen. Leider wurde das Abendmahl nicht im Kreis um den Altar eingenommen, sondern wir gingen nacheinander zu den vorne stehenden Pastoren bzw. Pastorin und bekamen dort von einem das Brot und von einem anderen den Wein. Anschließend gingen alle Gottesdienstteilnehmer hinter den Geistlichen nach draußen zu einem Platz mit einem Altar aus Naturstein. Wir hatten dort einen schönen Blick auf die judäische Wüste bis zum Toten Meer. - Die Einladung, nach dem Gottesdienst gemeinsam zu grillen und miteinander ins Gespräch zu kommen, konnten wir nicht wahrnehmen, weil in unserem Gästehaus bereits das Abendbrot bestellt war und auf uns wartete.
Es war wieder ein toller und anstrengender Tag mit vielen Eindrücken und Erlebnissen.

Silvia und Hans-Klaus Klebanowski

8. Tag, Freitag, den 15. Mai 2015 Jerusalem. Vom Ölberg zur Grabeskirche

Wir hatten am Vortag, Christi Himmelfahrt, am Gottesdienst in der Himmelfahrtskirche auf dem Ölberg teilgenommen und widmeten uns nun diesem Ort ausführlicher. Zunächst ist seine Lage spektakulär, nach Westen hin überblickt man Jerusalem, nach Osten ist die Judäische Wüste zu sehen. Tatsächlich scheint es nicht mehr als ein Fußmarsch zu sein von der Stadt in die Wüste. Hier ist es Kaiser Wilhelm II. gelungen, ein Grundstück zu erwerben, um ein Hospiz und eine monumentale Kirche (1898-1910) zu errichten. Wir wurden von dem dortigen Pfarrer Michael Wohlrab in einem lebhaften Vortrag über Sinn und Tätigkeitsbereiche der Christen in Jerusalem unterrichtet. Unter den 60 dort wirkenden Konfessionen sind die Christen eine kleine Minderheit: Bei einer Einwohnerzahl von 800 000, sind es 6-800. Verständlich deswegen, dass sich die christlichen Konfessionen hier zusammenschließen müssen. (Der Taufgottesdienst am Vortag hatte dies auch schon deutlich gemacht.) Die Aufgaben der kleinen Gemeinde sind: 1. Der Dialog mit den Juden, 2. Entwicklungshilfe mit etwa 1200 Freiwilligen (von denen wir einige kennengelernt haben, z.B. von Aktion Sühnezeichen), 3. Betreuung von Pilgern, Touristen und Passantengemeinden (wie wir), 4. Gottesdienst in den Heilstätten am Toten Meer.

Neben den zahlreichen interessanten Details zum Zusammenleben der drei Weltreligionen und verschiedenen christlichen Konfessionen hat mich vor allem die Bewertung Wilhelms II. in Zusammenhang mit den von ihm initiierten Kirchenbauten interessiert. Pfarrer Wohlrab erzählte, wie sehr sich Kaiser Wilhelm gegen einen Teilabriss des Jaffatores gewehrt habe, der ihm einen glorreichen Einzug nach Jerusalem hätte bescheren sollen, ferner wie er in Zelten unterkam, wie er für die Riesenglocke, die per Schiff angeliefert wurde, eigens eine Umgehungsstraße hatte bauen lassen, um die alte Bausubstanz zu schonen. Dazu sprechen die Gründungen seiner drei protestantischen Kirchen und einer katholischen Niederlassung ihre eigene Sprache: Im Gegensatz zu der Vorstellung eines wilhelminischen Pomps, der im Allgemeinen gleichgesetzt wird mit schlechtem Geschmack, zeugen hier seine Kirchenbauten von hoher architektonischer und handwerklicher Qualität. Besonders die Erlöserkirche, die er 1898, im Jahr der Grundsteinlegung der Himmelfahrtskirche, einweihte, beeindruckt durch ihre lichte Reinheit, ein Kontrast zur nahen Grabeskirche. Den neubyzantinischen Stil der Himmelfahrtskirche kann man vielleicht auch erst würdigen, nachdem das späte 20. Jahrhundert manchen Horror im Kirchenbau hervorgebracht hatte (s. Marienkirche in Linz/Rh.). Die Deckenmosaiken beginnen mit dem Kaiserpaar Wilhelm und Auguste Victoria, dargestellt als mittelalterliche Stifter mit dem Modell der Kirche, und enden im 4. Bild in der Apsis mit der Darstellung der Verklärung: Christus flankiert von Mose und Elia nach byzantinisch-orthodoxem Vorbild, hier allerdings ohne die sonst üblichen drei Jünger zu Füßen Jesu.

Die Pracht dieser Kirche hatte natürlich neben der Absicht, den Protestanten Geltung zu verschaffen, eine politische Dimension: Deutschland in den Konkurrenzkampf der Mächte, der sich im Zeitalter des Imperialismus auch im Heiligen Land manifestierte, einzuführen. Ein anschauliches Zeugnis dafür bietet der Vergleich mit der nicht weit entfernten russischen Himmelfahrtskirche: Ich habe vergessen, welcher Turm bei ihren immensen Höhen welchen überragt, der Ehrgeiz zumindest war hier am Werk. Beim Herausgehen ergab sich unter uns – infolge des Vortrags von Pfarrer Wohlrab - ein Gespräch über die Neubewertung Kaiser Wilhelm II. in der neueren Literatur. (Frau Steppan empfahl dazu das Buch von Christopher Clark, „Die Schlafwandler. Wie Europa in den 1. Weltkrieg zog“, 2013.)


Von der Christi Himmelfahrtskirche gingen wir den Ölberg hinab und hielten bei dem riesigen Gräberfeld, dem jüdischen Friedhof, der großflächig den Hang bedeckt und von der gegenüberliegenden Seite des Kidrontales, von Jerusalem aus, schon als tote, grau-weiße Fläche ins Auge fiel, die sich der bergigen Landschaft verbindet. Tot, weil die eng beieinander stehenden rechteckigen Steinblöcke, die die Tafeln mit den Inschriften tragen, durch keinerlei Blumenschmuck oder irgendwelche Vegetation belebt sind. Nur Steine liegen obendrauf, eine symbolische Erinnerung an die Wanderung des Volkes Israel durch die Wüste, als man nichts als Steine für ein Grab zur Verfügung hatte, um die Toten vor wilden Tieren zu schützen. - Ganz entschieden hat Peter Eisenman sich hier für sein Berliner Holocaust-Mahnmal inspirieren lassen.- Die Grabstätten werden nur einmal, d h. für immer belegt, denn man erwartet die Ankunft des Messias an diesem Ort, um aufzuerstehen. Das auf der anderen Seite des Tales sichtbare Goldene, jetzt zugemauerte Stadttor haben die Muslime mit einem ihrer Friedhöfe verbarrikadiert, um zu verhindern, dass der Messias dort einziehen kann, denn auch die Christen erwarten die Wiederkunft Christi an diesem Ort.

Da klingt einmal mehr die Gegnerschaft der Religionen an, die sich ohnehin lautstark für uns bemerkbar machte: Es war Freitag, der Feiertag der Muslime, und vom gegenüberliegenden Tempelberg herab erscholl durch Lautsprecher eine scheinbar endlose Predigt und begleitete uns während wir über das jüdische Gräberfeld zur christlichen Dominus-Flevit-Kapelle den Berg hinab und zum Garten Gethsemane gingen. (Eine ärgerliche Provokation, zumal wir als Christen den Tempelberg nicht mit dem geringsten Kreuzesschmuck geschweige denn mit der Bibel in der Hand betreten durften, meinte Frau Thomale).

Die Dominus-Flevit-Kapelle wurde 1955 zum Gedächtnis jener Bibelstelle gebaut, in der von Jesu Prophezeiung der Zerstörung Jerusalems berichtet wird: “Und als er nahe hinzu kam, sah er die Stadt und weinte.“ Im Schatten einiger Bäume las uns Herr Scheier die entsprechende Passage vor (Lk 19, 41-44). Die Kapelle hat die Form einer Träne, vier Seiten der Kuppel enden innen und außen in Tränenvasen. Es war sinnvoll, den Bau entgegen der Norm nicht nach Osten, sondern nach Westen hin auszurichten, mit dem Blick auf Jerusalem, seine Mauern und den Tempelberg, was die Weissagung angesichts dieses – auch zu Jesu Zeiten mächtigen Anblicks -, den heute ein großes Fenster heute einrahmt, unwahrscheinlich gemacht haben musste. Wir wissen, dass sie sich 70 n. Chr. bewahrheitete.

Auf dem schmalen, von Felsen begrenzten Weg zum Garten von Gethsemane hinab gerieten wir in eine große Herde von Ziegen, die sich die Straße zwischen vorwärts- und rückwärts rangierenden Autos und hier auch recht vielen Pilgern zu bahnen wussten. In Gethsemane, wo Jesus vor seiner Gefangennahme betete, stand zu seiner Zeit ein Landgut mit einer Olivenpresse, eine Anlage, die wohl die Möglichkeit der Übernachtung bot, denn Jesus hatte am Vorabend in Jerusalem zusammen mit seinen Jüngern das Abendmahl genommen, und der Heimweg zu seiner Unterkunft in Bethanien jenseits des Ölbergs, bei Lazarus und seinen Schwestern Maria und Martha, wäre zu lang gewesen. Er erwartete ja auch seine Gefangennahme. Diese musste heimlich bei Nacht geschehen, weil man jeglichen Aufruhr, den Jesus ohnehin bereits durch seinen bejubelten Einzug nach Jerusalem und die Tempelreinigung verursacht hatte, vermeiden wollte, denn das Passahfest stand bevor, und man erwartete großen Zustrom von Gläubigen zum Tempel.

Gethsemane ist heute ein umzäuntes Gartenstück, geschmückt mit Blumen, in dem wahrhaft uralte Olivenbäume stehen. Man sagt, sie könnten durchaus 2000 Jahre alt sein. Die Bäume selbst sind längst tot, aber aus ihrem knorrigen Holz sprießen neue Triebe. So stehen sie dort als natürliches Symbol von Vergänglichkeit und Neubeginn.

Eindrucksvoll, wie viele Kirchenbauten des 20. Jahrhunderts im Heiligen Land ist die nebenstehende Kirche aller Nationen, die 1924 aus Spenden von 16 christlichen Ländern errichtet wurde; der Architekt war wie bei der Dominus-Flevit-Kapelle der Italiener Antonio Barluzzi. Man betritt, aus der scharfen Helligkeit kommend, einen weiten Raum, dessen Lichtdämpfung nicht durch Mauern bewirkt wird, sondern durch große Glasfenster, in denen Violett, die Farbe der Passion, dominiert und Nacht suggeriert. Der Altarraum bezeichnet den Ort, an dem Jesus vor seiner Gefangennahme gebetet haben soll. Wie so oft gibt es auch hier einen byzantinischen Vorgängerbau, kenntlich durch entdeckte Fußbodenmosaiken, so dass die Tradition der Verehrung dieses Ortes belegt ist und hier vielleicht tatsächlich dem historischen Ort entspricht.

Wir überquerten dann das Kidrontal, das den Ölberg von der Stadt trennt. In der Senke, tief unter dem heutigen Straßenniveau, liegt rechts der Bau des Mariengrabes, das der Erinnerung an den Tod Mariens gewidmet ist. - Wo sie gestorben ist, weiß man nicht genau, es gibt, wie so häufig, verschiedene Gedenkorte. Erstaunlich ist die Überlagerung des Tales durch Kulturschutt, doch auch heute steigt der Weg noch steil nach Jerusalem an. Dann standen wir vor dem Löwentor und auch plötzlich mitten in der gewaltsamen Gegenwart. Eine Menschenmasse drängte sich durch das Tor und beinahe hätte es eine Schlägerei gegeben, doch irgendjemand hat dann besänftigend eingegriffen (Augenzeugenbericht von Herrn Klebanowski). Wirklich gewaltsam aber musste es an dieser Stelle schon einmal zugegangen sein: Das Löwentor heißt auch Stephanstor, und man lokalisiert die Steinigung des Heiligen an dieser Stelle.

Hinter dem Tor beginnt die heutige Via Dolorosa, der Kreuzweg nach Golgatha. Sie entspricht jedoch nicht dem ursprünglichen Verlauf, da man den Ort des Prätoriums, wo der römische Statthalter Pontius Pilatus die Verurteilung Jesu aussprach, nicht genau lokalisieren kann. Unter den drei Möglichkeiten gilt der Herodespalast am Jaffator (wo wir uns zu treffen pflegten) als wahrscheinlichste Variante. Von dort wäre dann die Via Dolorosa in umgekehrter Richtung zur heutigen verlaufen. In jedem Fall aber entspricht das heutige Straßenniveau nicht mehr dem der Zeit Jesu. Es liegt einige „Stockwerke“ darunter. Wir folgten dem heutigen Verlauf des Kreuzweges und traten zunächst in eine Kirche ein, die dem Gedenken an Dornenkrönung und Geißelung Jesu gewidmet ist, ferner in das Lithostrotos, den fiktiven Verurteilungsort Jesu.

Doch zunächst das bemerkenswerte Szenarium des Mittagessens in einem kleinen Restaurant gegenüber dem Österreichischen Hospiz im muslimisch-arabischen Viertel. Einige von uns saßen drinnen, andere draußen an jener engen Stelle, wo die Via Dolorosa einen scharfen Knick nach links macht und eine von einem sanften Hügel von rechts kommende Straße in sie einmündet. Dort, an der Ecke, unseren eng gestellten Tischen direkt gegenüber waren einige Posten der Spezialpolizei in Khakiuniformen (oder Militär?) mit Gewehren hinter einigen lose angelehnten Absperrungsgittern postiert. Nun, da es der Feiertag der Muslime war, strömten diese in gedrängten Scharen vom Tempelberg kommend die Straße hinauf, wohin, das fragten wir uns. Diesen folgte eine Demonstration von meist jungen, Fahne schwenkenden, laut brüllenden, wilden Gesellen, unter ihnen einer mit der schwarzen IS Fahne. Eine gefährliche Aggressivität lag in der Luft. Wir zogen die Knie ein. Als der Trupp vorbei war, kam wieder Volk und schließlich in disziplinierten Reihen eine schwarz uniformierte, bewaffnete Staffel von Polizei mit Helmen und Gesichtsschutz. Wir hörten auch Steine fliegen, die Posten, uns gegenüber, bewegten sich, blieben ansonsten ruhig. Dann war auch das vorbei, und wir erfuhren, dass wenig später dort in umgekehrter Richtung eine Prozession von psalmodierenden Franziskanern die Via Dolorosa hinauf ziehen sollte.

Wir setzten unseren Weg zur Grabeskirche fort. Der Via Dolorosa haftet nichts an, das heiligem Gedenken entspräche, sie ist von Läden gesäumt wie eine schmale, kontinuierlich ansteigende Bazarstraße, nur hier und da entdeckt man ein Hinweisschild zu einer Station des Leidensweges Jesu. Und auf einmal, nach ein paar Stufen, befanden wir uns auf dem Dach der Grabeskirche. Die Topografie Jerusalems ist rätselhaft und unergründlich, weit von den natürlichen Gegebenheiten entfernt, da jahrtausendalte bauliche Veränderungen, Abrisse und Überbauungen sowie Erdbeben zu unzähligen Schichten geführt haben, die wohl auch den leidenschaftlichsten Archäologen überfordert. Auf der Plattform des Daches der Grabeskirche befindet sich das äthiopische Kloster, sichtbar durch bescheidene Kuppelbauten für die Mönche. Ein paar Stufen führen hinunter zu der kostbar ausgestatteten äthiopischen Kapelle. Von da stiegen wir etliche Stufen hinab und standen nun vor dem Haupteingang der Grabeskirche. Im Innern, wo die letzten Stationen des Kreuzweges liegen, ging es nun wieder eine enge, steile Treppe hinauf zu dem Felsen von Golgatha.

Die Grabeskirche im christlich-arabischen Viertel trägt bei den Orthodoxen den Namen Anastasis, Auferstehungskirche, worin sich der theologische Schwerpunkt der Konfessionen ausdrückt: Hier das Kreuz, dort die Auferstehung. Das Innere dieses Riesenbaukolosses ist düster und verworren, so dass man alle Ansprüche an einen ästhetischen Genuss zunächst einmal abstreifen und versuchen muss, zu einer Orientierung zu gelangen. Die wesentlichen Relikte stammen aus turbulenter Vergangenheit: Über einem römischen Tempel des. 2. Jh. nach dessen Abtragung im 4. Jh. Bau einer christlichen Basilika durch Kaiser Konstantin, zerstört 614 durch die Perser, wieder aufgebaut im 7. Jh. von dem Jerusalemer Patriarchen Modestus, zerstört durch den Kalifen Abu Ali al Hakim, 1049 notdürftig wiedererrichtet durch den byzantinischen Kaiser Monomachus, ersetzt 1149 durch einen Neubau der Kreuzfahrer, beschädigt 1804 durch Brand, schließlich ergänzt durch zahlreiche neuere An- und Umbauten und so heute erhalten.


Die wesentlichen Orte sind der Felsen von Golgatha und das Grab Jesu. Das Besondere dieser beiden Gedenkstätten liegt darin, dass hier über den authentischen, historischen Ort weitgehend Konsens besteht. Das erleichtert entschieden das Gedenken, wo doch an den zahlreichen anderen Stätten, die von der Tradition geheiligt sind, dem Pilger ein erhebliches Abstraktionsvermögen abverlangt wird. Und hier geht es gerade um die zentralen Stätten, Kreuzigung, Grablege und Auferstehung. Die grundlegende Erkenntnis bezog sich auf die Lage von Golgatha, das nachgewiesener Weise zu Jesu Zeiten außerhalb der Stadtmauer lag. Gräber weisen darauf hin, auch Reste der Stadtmauer, die in den Fundamenten der nahe gelegenen protestantischen Erlöserkirche sichtbar sind, wohin eine Treppe neben dem Altarraum führt. Golgatha, die Schädelstätte, war nach den Resten zu schließen, ein „erhöhter Fels“ (Peter Hirschberg, Israel, S. 244), von dem nach vielfältigen Bearbeitungen heute nur noch ein Felssporn übrig ist, der sich aber weit nach unten fortsetzt. Immerhin aber lässt sich heute innerhalb der Kirche ein ziemlicher Höhenunterschied im Verhältnis zum Grab feststellen, das unterhalb, nicht weit entfernt vom Kreuzigungshügel zu verorten ist. (Mich erstaunte deswegen, dass im Modell Jerusalems der Zeit Jesu im Israel-Museum die Schädelstätte zwar felsig, aber nicht als herausragender Hügel gekennzeichnet war). Die beiden zentralen, historisch nachgewiesenen Orte, werden in dem zerklüfteten Innern des Baus durch etliche auf Legenden beruhende Gedenkstellen ergänzt. So unterhalb von Golgatha die Adamskapelle: Blutstropfen des Gekreuzigten seien durch den Felsspalt, den das Erdbeben nach der Kreuzigung verursacht haben soll, auf den dort befindlichen Schädel Adams getropft sein, wobei die Beziehung Adams, des alten, sündigen Menschen, zu Jesus als dem neuen Menschen sinnbildlich ausgedrückt ist. Eine andere Legende bezieht sich auf die Kreuzauffindung durch Helena, die Mutter Konstantins. Eine Felsengrotte tief unter dem Kirchenniveau fordert dort zum Gedenken auf.

Heute sind Golgatha und das Grab derart von Touristen belagert, dass ein Gedenken zur Hauptzeit kaum möglich ist. Besonders der „Salbungsstein“, dem Eingang gegenüber, wo Joseph von Arimathia den Leichnam Christi gesalbt haben soll, ist ein Ort ekstatischer Verehrung. Wir hatten aber die Chance, nahe der Grabeskirche zu wohnen und abends nach dem „Programm“ hierher zu eilen. In der Frühe des Sonntagmorgens erst enthüllte die Grabeskirche ihre mystische Atmosphäre. Aus den Kapellen der verschiedenen Konfessionen der Syrer, Armenier, Kopten, der griechisch- und russisch Orthodoxen und Katholiken, vertreten durch die Franziskaner, erklangen gleichzeitig, sich überschneidend, die Gebetsgesänge, und in den sonst dunklen, verschachtelten Räume brannten Kerzen und ließen rote und gold-weiß durchwirkte Prachtkleider aufleuchten. Die Kopten trugen die vorne geteilte Mütze, die auf das mosaische Gebot vom koscheren Essen verweist: zu essen sei nur von solchen Tieren, die wiederkäuen und gespaltene Hufe haben. (Kamel und Schwein etwa sind davon ausgenommen, Rind empfohlen). Die verschiedenen christlichen Konfessionen bilden jedoch keineswegs eine friedliche Einheit. Die griechisch-Orthodoxen können sich rühmen, das weite Mittelschiff der Kreuzfahrerkirche zu besitzen, die in einer Achse mit dem Grab steht und den „Nabel der Welt“ beherbergt. (In Delphi steht auch einer!) Die Franziskaner besitzen außerdem Sonderrechte. Der Konkurrenzkampf der Konfessionen führte dazu, dass sich seit dem vorigen Jahrhundert der Schlüssel der Grabeskirche in der Hand einer alt angesehenen arabisch-muslimischen Familie befindet, der Nusseibeh, deren Spross, einst Präsident der Al-Quds- Universität, die spannende Autobiografie „Es war einmal ein Land. Ein Leben in Palästina“ (Frankfurt 2009) geschrieben hat.

Als wir die Grabeskirche verließen, waren die Franziskaner in ihren braunen Kutten inzwischen nach ihrer Prozession durch die Via Dolorosa vor dem Portal angekommen. Es war Freitagabend, der Feiertag der Muslime endete und schon war das Anblasen des Sabbats hören. Wenig später sah ich eine Gruppe von Orthodoxen der osteuropäischen Aschkenasi, kenntlich an dem festlichen Strejml, einer großen, tellerförmigen Kappe aus Fuchsschwanzpelzen, zur Klagemauer oder einer Synagoge eilen.

Nach dem Sabbat, am Sonntagmorgen läuteten dann die Glocken den Feiertag der Christen ein, den wir mit einem Gottesdienst in der Erlöserkirche begingen.

Ingrid von der Dollen

9.Tag: Samstag der 16. Mai 2015 mit Fahrt zum Toten Meer

Ein interessanter Tag bricht an. Wir starten schon bepackt mit unseren Badesachen unmittelbar nach dem Frühstück. Von Jerusalem auf ca. 600 Metern Höhe über dem Meeresspiegel soll es heute hinab zum Toten Meer gehen.

Auf dem Weg zum Bus sehen wir viele eilige orthodoxe Juden. Sie sind schon auf dem Weg in die Synagoge, denn es ist Sabbat. Sofort beginnt die Diskussion, was darf ein Jude am Sabbat tun? Wie sehen die Sabbat Regeln aus?

Die traditionelle jüdische Sabbatfeier beginnt am Freitagabend zu Hause mit dem Sabbatsegen und einem Festmahl. Am Samstagmorgen findet in der Synagoge die festliche Tori-Prozession statt, gefolgt von Schriftlesungen und Gebeten. Zu Hause erfolgen mittags weitere Schriftlesungen und das Mincha-Gebet, abends nochmals ein Weinsegen und der gegenseitige Wunsch für eine „Gute Woche“. Am Sabbat darf ein frommer Jude nicht arbeiten. Und was alles Arbeit ist, das geht weit über unsere Vorstellungen hinaus.

Unmittelbar nach dem Verlassen von Jerusalem passieren wir den Checkpoint, der uns die unselige Trennung zu den ursprünglich palästinensischen Gebieten wieder vor Augen führt. Und kurz danach sind wir schon in der Wüste. Sie hat noch einen kleinen Hauch von Grün, denn in diesem Jahr hat es viel geregnet und wir ahnen, dass die Wüste durch Wasser zum Leben erweckt werden kann. Datteln, Tomaten, Karotten und Oliven gedeihen bei Bewässerung gut. Ihr Wasserbedarf ist nicht so groß. Zudem ist es der modernen Pflanzenzüchtung in Israel gelungen, salzresistente Nutzpflanzen zu züchten. Diese Pflanzen produzieren süße Früchte, es leiden allerdings die Blätter.

Auf Meereshöhe machen wir unseren ersten Stopp. Ein traditionell gekleideter Beduine mit einem Kamel erwartet uns. Und wir freuen uns, den ersten Kamelausritt von Frau Beuscher zu sehen.

Und dann erblicken wir das Tote Meer mit seiner großen Faszination mit minus 420 Metern unter dem Meeresspiegel in der Ferne. Es liegt im ostafrikanischen Grabenbruch und ist ca. 85 km lang sowie bis zu 18 km breit. Es wird vom Jordan und vom Wasser aus den umliegenden Bergen gespeist, hat aber keinen Abfluss. Das Wasser verdunstet und wird insbesondere auf der israelischen Seite entnommen bzw. abgepumpt. So hat das Tote Meer heute einen Salzgehalt von ca. 30%. Nur einige Mikroorganismen haben sich an diese extremen Bedingungen gewöhnt, dafür ist es reich an Mineralien. Insbesondere Brom, Pottasche, Asphalt, der früher zur Einbalsamierung sowie zur Abdichtung genutzt wurde als auch Schwefel und Salz werden gewonnen. Aktuell haben sich zahlreiche industrielle Unternehmen sowie Heilbäder am Ufer angesiedelt. Mineralische kosmetische Produkte vom Toten Meer stellen einen bedeutenden Wirtschaftsfaktor dar. Wir konnten die Cremes und Tinkturen später in der Oase En Gedi kaufen.

Dass der Wasserstand des Toten Meeres aufgrund der massiven Wasserentnahme seit Jahren sinkt, führt uns der deutlich breiter gewordene Uferstreifen vor Augen. Hinzu kommen gefährliche Löcher, die teilweise mit Grundwasser gefüllt sind. Nicht zu übersehen sind die mit Danger gekennzeichneten „Open Pits“! Auch die Verbindung zwischen dem nördlichen und südlichen Teil des Toten Meeres erfolgt nur noch durch einen Kanal. Die Uferstraße muss wegen der Erdbewegung immer wieder repariert werden.

Massada erkennen wir schon von Weitem an dem markanten Gebirgsvorsprung mit seiner stufenförmig angelegten Festung. Die von Herodes dem Großen zwischen 40 v. Chr. und 30 v. Chr. gebaute Festung galt zu ihrer Zeit als uneinnehmbar und liegt ca. 400 m über dem Niveau des Toten Meeres. Hinauf führt der Schlangenpfad. Wir hatten aber das Glück, die Seilbahn nehmen zu können.

Allein durch die Lage und die entsprechende Einsehbarkeit der Zugangswege war das 300 mal 600 Meter große und weitgehend ebene Gipfelplateau gut zu verteidigen. Herodes ließ um das Plateau eine Kasemattenmauer mit fast 40 Türmen anlegen. Innerhalb der Festungsmauer wurden eine große Zahl weiterer Gebäude gebaut, unter anderem Lagerhäuser, Pferdeställe, eine Kommandantur, Unterkünfte, Badehäuser, Schwimmbecken und der Sommerpalast des Herodes mit seinem über mehrere Stufen in den Berghang hinein geschlagenen Nordpalast. Er bietet eine großartige Aussicht über die Judäische Wüste und hat mit seiner Nordausrichtung im Sommer die klimatisch günstigste Position am Berg . Der Palast ist aus Kalkstein erbaut worden und mit Wandmalereien im pompejanischen Stil und zahlreichen Mosaiken ausgestattet.

Um die Wüstenfestung verteidigen zu können, wurden große Nahrungsvorräte angelegt und am nordwestlichen Hang zwölf Zisternen gegraben, die mehrere zehntausend Kubikmeter Regenwasser speichern konnten. Das Wasser wurde durch zwei ausgeklügelte Aquädukte herangebracht. Es diente als Trinkwasser, wurde aber auch für die Schwimmbecken und Badehäuser genutzt.

Das Gipfelplatau wurde von 1963 bis 1965 von Yigael Yadin wieder freigelegt. Bekannt ist Massada als letzter Zufluchtsort der Zeloten, bevor es im Jahr 73/74 n. Chr. von der 10. römischen Legion belagert wurde. Die Römer umgaben den Berg mit einer über vier Kilometer langen Mauer und sicherten sie durch acht Kastelle unterschiedlicher Größe. Die Reste der Kastelle und der Mauer sind bis heute sichtbar. Anschließend schütteten die Römer an der niedrigeren Westseite der Festung eine noch immer gut erhaltene Belagerungsrampe auf, die schließlich bis an die Mauern der Festung reichte. Über diese Rampe führten sie Rammböcke und andere Belagerungsmaschinen an die Festung heran, um die Mauer zum Einsturz zu bringen. So konnte das Tor angezündet und eine Bresche gesprengt werden.

Flavius Josephus berichtet, dass die Belagerten unter Führung von Eleazar ben-Ya'ir, als die Lage aussichtslos wurde, beschlossen, lieber als freie Menschen zu sterben als den Römern in die Hände zu fallen: „Ein ruhmvoller Tod ist besser als ein Leben im Elend.“ Per Los bestimmten sie zehn Männer, die die Gruppe und anschließend sich selbst töteten. Als die römischen Soldaten die Festung am nächsten Tag stürmten, erwartete sie nur Totenstille: 960 Männer, Frauen und Kinder waren tot. Nur zwei Frauen und fünf Kinder hatten sich verborgen gehalten und konnten berichten was geschehen war. Die Tat machte Masada bis heute zum Symbol des jüdischen Freiheitswillens.

Wir verlassen Massada wieder mit der Seilbahn und können auf der Fahrt hinab noch einmal die herrliche Aussicht genießen.

Weiter geht es zur grünen und wasserreichen Oase En Gedi, übersetzt „Quelle des Zickleins“. En Gedi war bereits im 4. Jahrtausend v. Chr. besiedelt. Aus dieser Zeit bestehen noch Überreste eines Tempels. In der Bibel wird der Name dieser Oase und der umgebenden Wildnis des Stammesgebietes von Juda in Josua 15, 1. Buch Samuel 24 und im Hohelied 1,14 erwähnt.

En Gedi war nicht nur wegen seiner üppigen Vegetation, sondern auch wegen seiner Unzugänglichkeit für den von König Saul verfolgten David ein ideales Versteck. Die Bibel spricht daher von gewissen „schwer zugänglichen Orten in En-Gedi“ (1. Samuel 23). Auch die Bezeichnung „kahle Steinbockfelsen“ weist auf die Unwirtlichkeit hin.

Die Felsen von En Gedi sind reich an geräumigen Höhlen.

Zur Zeit des Bar-Kochba-Aufstands (132-135 n. Chr.) hielten sich auch Anhänger Bar-Kochbas in der Umgebung En Gedis auf. So wurden 1960 bei einer von Yigael Yadin geführten Ausgrabung in einer Höhle Briefe von Bar Kochbas mit einzigartigen Dokumenten aus der Zeit des Aufstandes entdeckt, unter anderem auch an die Aufständischen in En Gedi.

Nach der Mittagspause geht es weiter nach Qumran. Dieser Ort verdankt seine Berühmtheit den Schriftfunden (Qumranschriften). Im Jahr 1947 entdeckten zwei Beduinenjungen in einer Höhle von Khirbet Qumran im Westjordanland Krüge mit alten Pergamentrollen. Bis 1956 fand man in weiteren 11 Höhlen noch 15.000 Fragmente. Sie beinhalten Texte aus dem antiken Judentum, die von einer großen Zahl von unterschiedlichen Schreibern zwischen 250 v. Chr. bis 60 n. Chr. geschrieben wurden. Darunter sind etwa 200 Texte des späteren Tanach, die bislang ältesten bekannten Bibelhandschriften. Als Tanach bezeichnet das Judentum die Bibeltexte, die als normativ für das Judentum gelten.

Die meisten Rollen bestehen aus Ziegen- oder Schafsleder, das zu dünnem Pergament bearbeitet wurde; auch Papyrus kommt als Schreibmaterial vor. Eine Rolle ist aus Kupferblech.

Nur einige der in Tonkrügen gelagerten Rollen aus Höhle 1 und 11 waren relativ gut erhalten, darunter eine 7,3 m lange, nahezu unbeschädigte Rolle des Buches Jesaja. Dieser Fund aus der Zeit 200 v. Chr. deckt sich bis auf wenige unbedeutende Abweichungen mit der bis dahin ältesten vollständigen Bibelhandschrift, dem Codex Leningradensis von 1008 n. Chr.

Weiter fand man eine 9 m lange Tempelrolle, Teile der Psalmen, des Buches Daniel und ein Kommentar zum Propheten Habakuk. Viele der übrigen Rollen lagen ungeschützt auf dem Boden, sind stark zerstört und oft in zum Teil nur daumennagel-großen Fragmenten erhalten.

Die weitaus meisten gefundenen Texte sind auf Hebräisch verfasst. Dabei spiegelt die Orthographie verschiedene Sprachstufen wider, von denen man eine besonders typische als Qumran-Hebräisch einordnet. Zwölf Rollen sind in alt- bzw. paläohebräischer Schrift geschrieben. Etwa 70 Rollen sind in Aramäisch verfasst. Sie haben meist profanere, nichtbiblische Inhalte und sind älter als die hebräischen Texte.

Alle in den Höhlen bei Qumran entdeckten Schriften entstanden vor der Zerstörung durch die Römer und wurden wahrscheinlich vor der Eroberung in 68 n. Chr. in Sicherheit gebracht, wie archäologische und sprachliche inhaltliche Indizien bestätigen. Gefunden wurden auch Kommentare und eigene Schriften der Essener, so auch die Damaskusschrift, die schon als Briefabschrift aus einer Kairoer Synagoge bekannt war. Der Inhalt spricht von Israel als dem Volk, das in die Irre geht, aber von einem Neuanfang, den Gott mit seinem auserwählten Rest beginnt.

Ferner die Gemeinderegel als Grunddokument der Qumrangemeinschaft. Diese Lebensregeln sind zum Teil rituell, was den Tages- und Jahresablauf angeht, sehr wichtig ist aber auch die Moral, die die Anhänger auszeichnen muss. Wer den Idealen nicht genügt wurde ausgeschlossen. Auch taucht wieder das hierokratische Element mit Leitung durch Priester und Leviten auf.

Ein langer Irrweg begann bis die Funde untersucht, gelesen und bewertet waren. Die erhaltenen Rollen und Fragmente aus Höhle 1 sind heute im Schrein des Buches des Israel Museums in Jerusalem gesammelt, das wir später noch besucht haben. Die Funde aus den übrigen Höhlen sammelte das anfangs von John D. Rockefeller,Jr. finanzierte Archäologische Museum von Palästina in Ostjerusalem. Die Besitzverhältnisse haben sich durch den 6-Tage-Krieg geändert.

Wir besichtigen eine klosterähnliche Anlage, die von 152 v.Chr. bis 68 n.Chr. von den Essenern bewohnt war. Hier wurden die Texte erstellt.

Zum Schluss werfen wir noch einen Blick auf das gegenüberliegenden Gebirge mit dem Berg Nebo. Der Berg Nebo liegt bereits im Gebirge Abarim auf der jordanischen Seite des Toten Meeres.

Nach dem 5.Buch Mose ist der Berg Nebo jener Berg, von dem aus Mose das gelobte Land sehen durfte, aber sterben musste, ohne es selbst betreten zu haben.

Auf der Weiterfahrt sind wir fasziniert von den Farbveränderungen des Wassers im Toten Meer und machen uns auf zur Kalia Beach, um uns ins Wasser zu stürzen. Vorsichtig rückwärts gehend und langsam lassen wir uns mit ausgestreckten Armen ins Wasser gleiten. Es ist herrlich nach den Anstrengungen des Tages einfach so im Wasser des Toten Meeres zu liegen.

Danach geht es zurück nach Jerusalem. Wieder ist ein interessanter und ereignisreicher Tag zu Ende gegangen.

Jutta und Jan-Gerd Hullmann

10. Tag: Sonntag, 17. Mai 2015


Der heutige Tag beginnt ruhig. Nach dem üblichen Frühstück ab 07:00 Uhr haben wir genügend Zeit, die Koffer zu packen und offene Rechnungen zu begleichen.
Gegen 10:15 Uhr machen wir uns zu Fuß auf den kurzen Weg zur evangelischen Erlöserkirche, um an einem Abendmahlsgottesdienst teilzunehmen.
Der Predigt liegt Lukas 10,27 zugrunde:
„Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele, von allen Kräften und von ganzem Gemüt, und deinen Nächsten wie dich selbst.“

Dazu präsentieren mehrere junge Freiwillige, die gerade am Friedensdienst der „Aktion Sühnezeichen Friedensdienste e.V“. teilnehmen, ihre Eindrücke und Erfahrungen im Umgang mit den Menschen vor Ort. Besonders anrührend sind die Schilderungen über die Betreuung von behinderten Kindern und über die Begegnungen mit Überlebenden der Schoa.
Ihre Vorträge sind herzerfrischend und von der tiefen emotionalen Überzeugung geprägt, dass sich die Liebe zum Nächsten erst dann voll entfaltet und Erfüllung für alle Beteiligten bringt, wenn sie sich ableitet von der Liebe zu Gott und zu sich selbst.


Zusätzlich zu ihren Worten haben diese jungen Menschen versucht, diese Erfahrungen in Bilder und Skizzen umzusetzen, die sie dann während ihrer Präsentationen in der Kirche und auch anschließend beim Gespräch im Kreuzgang erläuterten.


Nach diesem Geist und Sinne ansprechenden Gottesdienst machen wir uns gegen 12:00 Uhr auf den Rückweg zum Lutherischen Gästehaus, um das Verladen unserer Koffer zu überwachen.

Das Abholen des Gepäcks und damit unser „Abmarsch“ zum Bus verzögert sich jedoch um gut eine Stunde, da der kleine Transporter wegen einer Straßensperrung unser Gästehaus zeitlich nicht erwartungsgemäß erreicht.

Doch dann geht es ein letztes Mal durch das Jaffa-Tor zum Bus, der uns nach West-Jerusalem bringt. Der Zeitverlust ist jedoch zu groß, als dass wir alle vorgesehenen Besuche/Besichtigungen haben wahrnehmen können. So konzentrieren wir uns auf Teile des Israel-Museums.


Nach einem Imbiss gegen 14:00 Uhr besuchen wir zuerst das Freiluft-Modell (Maßstab 1:50) des Tempels von Jerusalem um 66 n.Chr. Und danach nähern wir uns über eine längere Treppe nach oben dem eigentlichen Israel-Museum, beginnend mit dem Außenbezirk des Schrein des Buches.
Auf dem Plateau links von uns steht eine weiße Kuppel (nachempfundener Deckel der Behälter der Qumran-Rollen) - das „Gute“, die mit fließendem Wasser gekühlt wird. Darunter werden wir später im Innern des Museums das überdimensionierte Modell eines Teils einer Thora-Rolle sehen.
Gegenüber dieser weißen Kuppel, also rechts von uns aus, erhebt sich eine schwarze Basaltmauer - das „Böse“. Diese beiden Werke sollen den ewigen Kampf zwischen Gut und Böse symbolisieren.
Danach gelangen wir durch den tiefer liegenden Eingang in den unterirdischen Ausstellungsteil, der durch seine abgedunkelte Beleuchtung die dort befindlichen Handschriften schützen soll.


Zu den zu besichtigenden Exponaten in überwiegend Faksimile-Druck gehören acht der vollständigsten Schriftrollen, die jemals gefunden wurden, sowie eines der historisch bedeutendsten Manuskripte der hebräischen Bibel – der Aleppo Codex aus dem 10. Jahrhundert n. Chr., eine Handschrift, erstellt in der neuen Form des Buchs im Gegensatz zu der bisher üblichen Rollenform. Der bemerkenswerteste Fund ist das fast vollständige Buch Jesaja.

Unsere letzte Besichtigung führt uns zum „Jack, Joseph und Morton Mandel Flügel für jüdische Kunst und Kultur“. In mehreren Galerien werden wesentliche Bereiche jüdischen Lebens, insbesondere aus der Vergangenheit dargestellt.


So sehen wir u.a. festliche Bekleidungsstücke zur Geburt, Hochzeit und zum Begräbnis, Ritualgefäße aus Edelmetallen, kostbare Behänge für Thorarollen, etc.


Interessant ist eine teilweise renovierte Synagoge aus Horb aus dem Anfang des 18. Jahrhunderts anzusehen, eine ständige Leihgabe der Stadt Bamberg.

Erinnernswert aus der Vielzahl der Ausstellungsstücke ist auch eine Laubhütte (Sukkah) aus Deutschland von 1935. Religiöse Juden bauen in Erinnerung an den Auszug aus Ägypten, als die Israeliten in provisorischen Behausungen wohnten, jedes Jahr eine Sukkah dort, wo sich Platz dafür bietet – im Garten, im Hof, auf dem Parkplatz, Balkon oder Dach – eine mit Ästen, Stroh oder Laub gedeckte Hütte, die unter freiem Himmel stehen muss. In ihr werden, wenn es das Wetter erlaubt, die Mahlzeiten während der siebentägigen Dauer des Festes (eine Art Erntedank) eingenommen.


Die letzte Besichtigung galt der Abteilung mit geschichtlichen Hanukkah-Lampen aus den verschiedensten Ländern. Hier ein Beispiel aus dem östlichen Deutschland des 19. Jahrhunderts.

Die Kerzen oder Öllampen dieser acht- bzw. neunarmigen Leuchter wurden zum Beginn der jährlichen Hannukah-Feier entzündet, einem Freudenfest mit Geschenken und gutem Essen und Trinken aus Anlass des Gedenkens an die Wiedereinweihung des letzten Tempels in Jerusalem im Jahr 164 v. Chr.

Als Ergänzung zum Selbststudium für die beiden nicht besichtigten Stationen unseres geplanten Programms hier nur je einen Hinweis aus dem Internet:

1. Gedenkstätte Yad Vashem: http://de.wikipedia.org/wiki/Yad_Vashem

Yad Vashem (für „Denkmal und Name“) erhielt seinen Namen nach (Jes. 56,5): „Ihnen allen errichte ich in meinem Haus und in meinen Mauern ein Denkmal, ich gebe ihnen einen Namen, der mehr wert ist als Söhne und Töchter: Einen ewigen Namen gebe ich ihnen, der niemals getilgt wird.“

2. Herzl Berg: http://de.wikipedia.org/wiki/Herzlberg

Der Herzlberg ist ein Hügel und Nationalfriedhof in Jerusalem, benannt nach Theodor Herzl, dem Begründer des modernen politischen Zionismus. Herzls Grab liegt auf der Spitze des Hügels.

Etwas müde und voll beladen mit Informationen verlassen wir dieses Museum durch den Hauptausgang.

Die anschließende Fahrt führt uns aus Israel ins palästinensische Autonomiegebiet nach Bet Jala zum Lutherischen Gästehaus, der „Abrahams Herberge“.

Gegen 18:20 Uhr werden uns unsere Zimmer zugewiesen, die sich wohltuend für alle von denen in Jerusalem unterscheiden.


Zum Ausklang des Tages sehen wir uns fast alle noch einmal zu einem „Absacker“ auf der kleinen gemütlichen Terrasse im Hof der Herberge.

Günter Margane

11. Tag Montag, den 18. Mai 2015

Nach gemeinsamen Frühstück ab 07:00 Uhr in Abrahams Herberge Abfahrt um 08:00 Uhr mit dem Bus und unserer palästinensischen Reiseleiterin Faten Mukaker in Richtung Hebron. Während der Fahrt breitete sie den Alltag in Palästina vor uns aus: detailliert, pointiert und ausführlich kommentiert.

In Bet Jala (sauberste Stadt Palästinas, dafür wurde ein Preis verliehen) wohnen rund 15.600 Einwohner, zu 80% Christen und, da Minderheit in Palästina, wird Ökumene groß geschrieben. Zehntausende Christen aus Bethlehem und Umgebung wanderten im Laufe der Zeit auf Grund von Unruhen, Repression und wirtschaftlicher Not – verstärkt seit Mehmed Ali - nach Südamerika aus, so daß dort mittlerweile 400.000 von ihnen leben.

Der Bus führt uns vorbei an der „Heiligen St. Nikolaus“ Kirche – Mönche, wie der heilige Nikolaus, lebten hier in der Krypta der Kirche, um Jesus nahe zu sein; der katholischen Verkündigungskirche; diversen Friedhöfen nächst der Straße; vorbei am „Todes“-Krankenhaus mit einem 4. Welt-Standard auf Grund schlechter medizinischer Versorgung. Wer hier eingeliefert wird, kommt meist mit den Füßen zuerst heraus. Deshalb zieht man – so man es sich leisten kann - eine Behandlung in Jerusalem oder im Ausland vor.

Die Patriarchenstraße, Verbindung zwischen Jerusalem und Hebron, „Kulturgrenze“ zwischen Bet Jala und Bethlehem: Dialekt, Sitte, Gebräuche und Religion unterscheiden sich, sogar in Gerüchen und Küche. Links ein palästinensisches Flüchtlingslager. 1948 (sic!) als Zeltstadt von der UN errichtet, mit dem Versprechen baldiger Rückkehr in die Heimat. Nach fünf kalten Wintern wurden die ersten Betonbauten errichtet. Eine Stadt in der Stadt mit eigenen Schulen, eigener Verwaltung.

Außerhalb von Bet Jala, auf Weg nach Hebron, sehen wir Salomons Teiche, drei Wasserspeicher. Einst genutzt für Jerusalems Tempel und das Herodion, später von Briten, die Pipelines und Pumpanlagen dazu bauten. Heute ist das Gelände eingezäunt, da Kinder dort ertranken. Das Pumpenhaus liegt in Trümmern.

Weiter talwärts liegt das Kloster „Maria der geschlossenen Gärten“. Schule für Waisenmädchen, denen letztendlich wegen Armut nur die Heirat mit armen und oder häßlichen Männern übrigbleibt. Oder sie nehmen den Schleier.

Hier im Tal wird so viel Salat angebaut, daß einmal im Jahr das Salatfest gefeiert wird. Es ist die Heimat des lebensklugen Großvaters von Faten, der um ihre Großmutter freiend sinnierte: Eine Rose und eine Distel – ist das möglich? Im judäischen Bergland ist Landwirtschaft ohne künstliche Bewässerung bei 560mm Niederschlag p/a möglich (Berlin ca. 420mm in 2014). Quellen in und um Hebron sichern den Wasserbedarf. Neben landwirtschaftlichen Produkten wie Öl, Wein, Aprikosen und anderen, ist hier Keramik- und Glasmanufaktur angesiedelt.


Im russisch-orthodoxen Heilig-Geist-Kloster in Chirbet Sibte, zwei Kilometer nordwestlich von Hebron, existiert ein Baumrelikt, das in christlicher Tradition als „Eiche Abrahams“ oder „Eiche Mamres“ bezeichnet wird. Der Baum soll 5000 Jahre alt sein. Älteste historische Belege reichen bis in das späte Mittelalter zurück.


Hebron, Grablege der Stammväter und Stammmütter des jüdischen Volkes, Ort der ersten Landnahme durch Abraham. Manchem orthodoxen Juden ist die Stadt, seit König David von hier aus Judäa beherrschte, noch heiliger als Jerusalem. Die Gruft ist auch Muslimen heilig, die Abraham ebenfalls als ihren Stammvater betrachten. Dessen Sohn Ismael gilt als Stammvater der Araber. Somit repräsentiert er die ursprüngliche Verwandtschaft zwischen Israeliten und Arabern.

1997 wurde der größte Teil der Stadt in die Autonomie entlassen – Zone H1. Eine etwa 4,3km² große Zone H2 wurde israelischer Kontrolle unterstellt, da sich dort jüdische Aktivisten angesiedelt hatten. Nach Intifada und Anschlägen wurde ab 2000 ein großer Teil der Innenstadt für Palästinenser gesperrt. Beide Zonen sind für die jeweils andere Gruppe tabu. Die Altstadt, die eigentlich zum arabischen Territorium gehören würde, ist zur Problemzone geworden. Durch etwa 850 Siedler ist der größte Teil eine „no-go-area“ für die ehemaligen Bewohner. Nicht für Christen-Touristen. Nach Passieren eines Kontrollpunktes durchschritten wir verlassene Straßenzüge mit geschlossenen Läden. Gespenstige Ruhe. Nur begleitet von zwei Kindern auf Fahrrädern. Ein israelischer Soldat auf Posten, ein Kind mit Plastikgewehr an seiner Seite.

Schon in Sichtweite von Abrahams Moschee-Synagoge Kinder, begleitet von einem Lautsprecherwagen, Soldaten, Militärfahrzeugen. Die Straßen belebten sich und auf dem Vorplatz des zu herodianischer Zeit entstandenen Bauwerks nahmen wir uns im Schatten von Olivenbäumen die Zeit zu hören, was die Bibel über diesen Ort berichtete. Durch eine Detektorschleuse betraten wir zuerst die Synagoge – wohl wissend, daß die Gebetszeiten in der Moschee unseren Besuch unmöglich machen könnten. So kam es auch – fast. Lediglich eine viertel Stunde blieb nach Vermummung und Sockenanziehung für einen flüchtigen Überblick und eine Gruppenaufnahme.

 

Den Rückweg nahmen wir durch den Basar. Auch hier erkennt man die prekäre Lage des Herzens von Hebron. Netze, Maschendraht überspannen Basargassen, damit der Festkörperunrat der jüdischen Siedler, die oberhalb wohnen, nicht Verkäufer und Kunden trifft. Die Rache der Araber: der Muezzin dreht den Anschlag des Verstärkers bis zum Anschlag auf. Wir verlassen die surreal anmutenden Gassen und kommen erleichtert in das pulsierende Zentrum. Hier erwartet uns fünf Stufen abwärts eine eingedeckte Tafel mit verschiedenen Sorten Salat, Falafel, Fladenbrot, Fritten, Gyros. All dem, was wir kennen und schätzen gelernt hatten. Nach kollegialer Blockade der einzigen bemerkenswerten Lokalität drückte uns nichts mehr. Gut, Schekel, die drückten noch. Aber: Ein eleganter u-turn – und wir hielten vor einer Glasbläserei und Manufaktur für landestypische Keramik. Mit sicherer Hand verewigte sich unser Hirte schlangenförmig auf noch unbemalter Oberfläche einer kleinen Schale. Nach unserem tütenschwingenden Abmarsch sah man überall zufriedene Mienen: Der Manufactor liebkoste die Kasse, Faten lächelte den Taschenrechner an, glückliche Besitzende ihre Erwerbungen.


Nicht mehr als eine Stunde war vergangen und wir waren so erholt, daß wir entspannt einem geschichtlichen Event entgegensehen konnten: Größenwahn in Form eines aufgeschütteten mit einer luxuriösen „Burg?“ bekrönten Hügels - das Herodion! Kurzatmig, leicht transpirierend standen wir oben! Welch eine Aussicht, gut, ein wenig dunstig, mit viel Feuchtigkeit in der Luft, so wie wir. Verstellt durch Neubauten, breit auf umgebende Hügel hingelagert. Detailliert, pointiert und ausführlich kommentiert von Faten: ... Gut, daß wir für diese Ausführungen Schatten aufgesucht hatten, denn diese tour d´horizon dauerte doch eine halbe Stunde. Leider kam es hierdurch zu einer Überlagerung der Ausführungen - immerhin eine viertel Stunde - über das Herodion.

Die intellektuelle Kapazität der Zuhörenden nahm reziprokproportional zur Länge des Vortrages ab – gut, Google! Und um dreiviertel Fünf kam unerwartete Hilfe durch den Wächter, der gestikulierend die Schließungszeit anmahnte: 17:00 Uhr! Jetzt wurden wir flott gemacht – vorn an der tète Faten – wohl Erklärungen abgebend, hinten wir – hohe Stufen gemeinschaftlich helfend bezwingend. Dafür aber ahnungslos. Hinter uns her der Wärter – jallah, jallah rufend die Franken vor sich hertreibend. Dann war da noch ein Modell des Grabmonumentes für Herodes im Maßstab 1:87 (kann das sein?), dann ein Theater, wohl nur für Herodes, der im Berg verschwand, dann am Fuß des Hügels irgendwelche Trümmer – gut, Google! Kurz und gut, um viertel sechs saßen wir im Bus.

Eine halbe Stunde später waren wir in der Geburtskirche in Bethlehem. Nicht ohne eine beeindruckende Hoch- Tiefgarage für BUSSE! angesteuert zu haben. Sicher nicht der Eindruck, den man von einem Pilger erwartet! Knapp vor einer centurie Sarigekleideter gingen wir demutsvoll durch eine Demutspforte mit gebeugtem Haupt. Innen – großes Staunen: Kunstvoll eingerüstetes Kirchenschiff, verschalte Säulen, filigran verspargelte Vierung, rot-weiß gebändert abgesperrt. Überwältigt verdutzt folgten wir Faten – murmelnd Erklärungen von sich Gebende – und unserem Hirten, der uns Treppen hinabsteigend zum Stern von Bethlehem führte. Schon bedrängt von den nachströmenden Saris, die so gar nicht weihevoll demütig waren. Druck, Temperatur, Fülle, Gedränge, Lärm nahm stetig zu – die Verlesung der Weihnachtsgeschichte ging in überbordender Kakophonie unter. Resigniert unser Hirte! Das vade mecum wurde zugeklappt und der Rückzug wenig christlich, mehr robust rempelnd angetreten. Es gibt ja noch mehr Höhlen für unsere Andacht und unseren Choral.


Hoffnungsvoll steuerten wir die Katharinen Kirche, gleich nebenan, an. Frohgemut waren auch die Besucher eines Gottesdienstes. Gesang und Predigt füllte das Gotteshaus, so daß es sich schon aus Pietät verbot, an den Andächtigen vorbeizutraben um irgendwelche Grotten aufzusuchen und dort womöglich Gesänge anzustimmen – gut, Google! So lungerten wir eine schwache halbe Stunde erfolglos im Kreuzgang herum, lauschten den Erklärungen über Hieronymus und über Katharina von Alexandrien.


Auf dem Rückweg zu unser Herberge führte der Weg an Hirtenfeldern vorbei, mal griechisch-orthodox, auch rumänisch ~, russisch ~. Es waren viele Felder, es gab aber auch viele Herden zwischen den Hürden, die nicht nur auf einer Aue weideten. Vorbei an der Mauer – wer den Antifa- Schutzwall mit fast 1.400km Länge kennt, ist bedingt beeindruckt – detailliert, pointiert und ausführlich kommentiert:…

Bei Abraham angekommen enteilten wir allesamt unter die Dusche – siehe Herodion – dufteten uns ein, wandeten uns festlich und wanderten im Gänsemarsch zum Anwesen von Frau Mukaker, die eine Abendeinladung ausgesprochen hatte. Im Refektorium an eingedeckter Tafel nahmen wir Platz und lauschten entspannt ihren Ausführungen zum Alltag in Bet Jala, immer wieder bekrönt von Erinnerungen an ihre Zeit in Deutschland, ihren lebensklugen Großvater. Bis uns die wirkliche Monika Speis und Trank reichte. Dann ließen sie uns – arabische Sitte – allein. Hingebungsvoll widmeten wir uns den Schüsseln gefüllt mit arabischer Chili con carne – so das Abstimmungsergebnis - und erfrischendem Salat. Nach Abklingen der Kaugeräusche nahm Frau Mukaker auf dem Geschenk ihrer Kinder Platz und begann von Leben und Überleben in Palästina zu singen. Sparsame Gestik, wohl ausformulierte Sätze in exzellentem Deutsch – kein rheinischer relativierter Superlativ, kein Vertun bei Komparativ und Positiv. Detailliert, pointiert und ausführlich kommentiert: …


Nachdenklich beschlossen wir den Abend vor dem Entree des Hotels. Wir haben die Ausführungen von Frau Mukaker bezüglich der Situation der Palästinenser, detailliert, pointiert und kommentiert wiederholt vernommen. Wir sahen Splitter der Realität und haben dies nicht nur in einen historischen Kontext zu bringen, sondern auch in Zusammenhang mit der Situation der Israelis.

Arabische Weisheiten:

Eine Wassermelone im Vergleich zur arabischen Ehe. Man kauft sie. Erst Zuhause darf man sie aufmachen. Hat man Pech, ist sie mehlig und wässrig und ungenießbar. Man muß das beste daraus machen. Glück hat, wenn sie saftig, gut verzehrbar, lecker ist.
Gefüllte Weinblätter, lecker, aber viel Arbeit für Frauen. Die arabische Küche ist von Männern gemacht.
Ein Esel steht vor Wasser und Arrak. Was trinkt er? Wasser, da er ein Esel ist.

 

Elke und Thomas Betram

 

12. Tag, Dienstag, der 19. Mai

In bewährter Pünktlichkeit warteten wir auf der sonnigen Terrasse der schönen Abrahams Herberge darauf, dass ein letztes Mal unsere Koffer verladen wurden.
Auf dem Programm stand noch der Besuch der Ausbildungswerkstätte im Rehabilitationszentrum LIFEGATE, ein Tor zum Leben für junge Menschen mit Behinderungen im Westjordanland.
Es wurde 1989 von dem deutschen Erzieher und CVJM-Sekretär Burghard Schunkert gegründet, unter dessen Leitung ein Team von 42 palästinensischen Christen arbeitet. In friedlichen Zeiten wird es von deutschen jungen Frauen und Männern auf Volontärbasis unterstützt.
LIFGATE Rehabilitation ist ein gemeinnütziger Verein und gehört zum Diakonischen Werk Bayern.
Es ist eine interkonfessionelle, christliche Einrichtung. Die hier betreuten Behinderten sind Christen und Muslime.
Auf Grund der Tatsache, dass sehr häufig innerhalb der Großfamilien geheiratet wird, gibt es in Palästina einen hohen Prozentsatz behinderter Kinder (6-10%), die oft versteckt werde. Erziehung ist Frauensache, was für viele eine Überforderung ist!
LIFEGATE bietet eine besondere Frühförderarbeit für Kinder mit geistigen und körperlichen Behinderungen. Sie bildet gleichzeitig die Mütter aus in der Förderung und einer optimalen Betreuung ihrer Kinder, um sie in ein eigenverantwortliches, selbständiges Handeln zu führen. Anderseits geben sie ihr neuerworbenes Wissen und die Erfahrungen in ihren Dörfern weiter.
LIFEGATE besitzt eine Ausbildungswerkstatt und eine beschützende Werkstatt. Hier werden von den Behinderten wunderschöne Olivenholz- und Stickereiarbeiten hergestellt; vom Verkaufserlös erhalten sie eine bescheidene Vergütung.
Ein eindrucksvoller Besuch in einem Haus mit einer besonderen Atmosphäre und warmer Menschlichkeit.
Unser Weg zum Flughafen nach Tel Aviv führte uns noch einmal durch die israelisch-palästinensische, traurige Wirklichkeit: kilometerweit entlang von Stacheldraht und Wachtürmen. Doch diese verstellen nicht die Einzigartigkeit unserer Reise: die biblischen Stätten zu erleben, geben den vielen vertrauten Geschichten unserer Bibel einen neuen, vertiefende Gehalt, die nachklingen werden, mit der ganz großen Hoffnung:
Möge dem Heiligen Land irgendwann Frieden beschert sein!
Zu guter Letzt: Von ganzem Herzen DANK Gerd Scheier, für eine unvergessliche Reise!!!

Karin Thomale